Soziale Kognition in Kommunikationsnetzwerken
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das übergeordnete Ziel dieses Projektes war es, aufzuzeigen, wie unterschiedliche akustische und räumliche Verhaltensmerkmale, territoriales Verhalten von Empfängern beeinflussen können. Dadurch sollen neue Einblicke in die Nutzung und die Funktion der Signalübertragung gewonnen werden. Mit einer Kombination aus deskriptiven und experimentellen Vorgehensweisen wurden Vorhersagen getestet, die zu einem besseren Verständnis der Komplexität von Signalsystemen beitragen. Als Modellorganismus diente dazu die Nachtigall, Luscinia megarhynchos. Das Projekt wurde insgesamt erfolgreich abgeschlossen. In Bezug auf die Bedeutung struktureller Gesangsmerkmale wurde eine despriptive sowie eine experimentelle Studie durchgeführt. Aus Ersterer Arbeit wurde deutlich, dass aus bestimmten strukturelle Gesangsmerkmalen (Trills) zuverlässig das Alter von Nachtigall Männchen abgeleitet werden kann. Dies zeigt, dass Trills unabhängig von der Repertoirgröße der jeweiligen Art als Qualitätsanzeiger dienen können. Die Arbeit dient als wichtige Ergänzung für vorangegangene Studien, da sie die Bedeutung von Trills als Signalkomponente mit spezifischen Inhalten untermauert. Die zweite Studie zeigt, dass eine Kombination von strukturellen und temporellen Gesangsmerkmalen den Signalwert erhöht. Im zweiten Teil des Projektes wurden Voraussagen getestet, auf welche Weise unterschiedliche Aspekte der Gesangsstruktur in Abhängigkeit von der räumlichen Position des Signalgebers, das Verhalten von territorialen Männchen beeinflusst und inwieweit diese Position von ökologischen und sozialen Eigenschaften bestimmt ist. Dabei wurden 4 Playbackversuche durchgführt. Aus einem dieser Versuche ging eine Diskrepanz zwischen Gebrauch und Wahrnehmung von strukturellen Gesangsmerkmalen (Trills) hervor, womit die Bedeutung der Entfernung zwischen Sender und Empfänger in der Kommunikation auch über territoriale Grenzen hinaus hervorgehoben wird. Diese Erkenntnisse sind wichtig, weil sie zeigen, dass territoriale Männchen nicht nur empfindlich darauf reagieren, ob ein Konkurrent in ein Territorium eingedrungen ist, was bereits in früheren Studien gezeigt wurde, sondern dass Männchen auch die Nähe zu Konkurrenten und deren Signalverhalten außerhalb ihres Gebietes bei der Entscheidungsfindung für ihr eigenes Verhalten berücksichtigen. In einem weiteren Versuch konnte die Bedeutung die Entfernung zwischen Sender und Empfänger für die Wahl von Signalverhalten hat untermauert werden. In diesem Experiment konnten wir auch zeigen, dass Männchen ihr Verhalten in Abhängigkeit von der Situation ihrer Nachbarn verändern, was die Bedeutung von Nachbarn im revierverhalten hervorhebt. In einem dritten Experiment konnten wir zeigen, dass die räumliche Höhe des Signalgebers bedeutsam für die Reaktion von Empfängern ist. Territorieninhaber reagierten stärker auf simulierte Rivalen, die auf gleicher Höhe sangen, als auf Rivalen, die von exponierten Singwarten sangen. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Konkurrenten niedrigerer Singwarten bedrohlicher wirken als Konkurrenten von exponierten Gesangswarten. Im letzten Experiment wurde ein dynamisch-experimenteller Ansatz benutzt, um Rivalen zu simulieren, die sich entweder innerhalb eines besetzten Territoriums bewegten, oder die nach Eindringsversuch das Territorium wieder verließen (Sprau et al. in revision). Durch diesen neuartigen Ansatz konnte gezeigt werden, dass räumliche Bewegungen langfristige Folgen für das territoriale Verhalten von Territoriumsinhabern haben können. Simulierte Rivalen, die ihre Singwarten in vorangegangenen territorialen Auseinandersetzungen innerhalb besetzter Territoriengrenzen veränderten, rufen stärkere Reaktionen von Teritoriumsinhabern hervor, als Rivalen, die nach einmaligem Eindringen die Territoriumsgrenzen schnell wieder verlassen. Insgesamt liefern sowohl die Gesangsmerkmale territorialer Männchen, sowie deren Reaktionen auf simulierte Rivalen, die sich in Gesangsstruktur und räumlichem Verhalten unterschieden, neue Einblicke in den Gebrauch und die Funktionen von Strategien der Signalgebung. Die Forschungsergebnisse tragen somit zu einem besseren Verständnis bei, wie sich die Vielfalt und Komplexität von Signalen entwickeln konnte. Zum Einen konnte gezeigt werden, wie es Individuen mit hoher Gesangsvariabilität schaffen, Informationen über ihre Qualität und Motivation so zur Verfügung zu stellen, dass sie für Kontrahenden schnell bewertbar sind. Eine schnelle Bewertung von Artgenossen kann wichtig sein, da dies einer schnellen Konfliktlösung dient, ohne dass kostspielige, körperliche Auseinandersetzungen notwendig sind. Zudem können Weibchen von schnell bewertbaren Informationen zur Qualität von potentiellen Partnern für die Partnerwahl profitieren. Zum Anderen, offenbaren die vorliegenden Forschungsergebnisse neue Einblicke, inwieweit die räumliche Position von Rivalen Einfluss auf das Territorialverhalten von Individuen hat. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, wie sich der Abstand zwischen Sender und Empfänger, die Höhe der Singwarte, sowie die Veränderung der räumlichen Position auf Territorialverhalten auswirkt. Sie heben somit die Bedeutung der ökologischen und sozialen Besonderheiten von Kommunikation hervor. Die Erkenntnisse, die aus dieser Arbeit gewonnen wurden, tragen zu einem besseren Verständnis bei, wie in Kommunikationssystemen komplexe Informationen beschafft und verarbeitet werden und geben neue Einblicke in die mögliche Entstehung von Signalvielfalt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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2010. Communication across territory boundaries: distance dependent responses in nightingales. Behavioral Ecology 21: 1011-1017
Sprau, P., Roth, T., Schmidt, R., Amrhein, V. & Naguib, M.
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2010. Effects of rapid broadband trills on responses to song overlapping in nightingales. Ethology 116: 300-308
Sprau, P., Schmidt, R., Roth, T., Amrhein, V. & Naguib, M.
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(2011) Song in space: the effects of song structure and singer location on territorial behavior in nightingales. Dissertation, Groningen University and Netherlands Institute of Ecology (NIOO-KNAW), The Netherlands
Philipp Sprau