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Opferzeugen in NS-Prozessen. Eine Analyse ihrer wechselhaften Rolle in sechzig Jahren Bundesrepublik

Antragstellerin Professorin Dr. Yfaat Weiss
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2018 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 403498844
 
Mit dem Forschungsprojekt wird erstmals die Beteiligung der ehemaligen KZ-Häftlinge und Holocaust-Überlebenden an der juristischen Aufarbeitung nationalsozialistischer Massenverbrechen in der Bundesrepublik in ihrer Funktion als Prozesszeugen systematisch untersucht. Zwischen 1949 und 1989 sagten Tausende ehemaliger NS-Verfolgter in den Ermittlungs- und Strafverfahren gegen die Täter aus, ihre Berichte bildeten häufig das Gerüst der Anklage und Beweisführung. Bisher war jedoch über die konkreten Umstände, Bedingungen und Folgen ihrer Zeugenschaft wenig bekannt; die entsprechenden Quellenbestände wurden in der Forschung kaum genutzt. Diese Rahmenbedingungen der Zeugenschaft – von der Zeugenermittlung, -auswahl und -befragung bis zu den strafjuristischen Glaubwürdigkeitskriterien –, stehen im Zentrum der Untersuchung. Es werden Formen der Kommunikation zwischen den bundesdeutschen Juristen und den NS-Verfolgten analysiert, die Spannung zwischen der juristischen Zeugenschaftskonzeption und den Möglichkeiten einer Zeugenschaft der Vernichtung herausgearbeitet und die Bedeutung der Opferzeugen für die juristische Rekonstruktion des Tatgeschehens sowie die Urteilssprüche untersucht. Ziel ist eine Grundlagenforschung, die empirisch gesichertes und historisch situiertes Wissen über die Zeugen als Protagonisten der juristischen Ahndung der NS-Verbrechen bereitstellt. Um sowohl gruppenspezifische als auch zeitliche Besonderheiten in den Formen und Gehalten ihrer Zeugenschaft in Blick zu bekommen, wurden als empirische Basis Strafverfahren zu zwei Tatorten aus verschiedenen Jahrzehnten ausgewählt: Verfahren zum Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz mit einer sehr heterogenen Zeugengruppe und Prozesse zum Vernichtungslager Sobibor, in die ausschließlich jüdische Zeugen involviert waren. Im Rahmen des Projekts entstehen dazu zwei Studien, deren Ergebnisse in zwei Monographien und einem gemeinsamen, vergleichenden Aufsatz präsentiert werden. Die Opferzeugen werden hier als eine Gruppe von Prozessbeteiligten verstanden, die mit eigenen Motiven an den Verfahren teilnahmen, wo sie sich jedoch in einer Rolle und kommunikativen Situation wiederfanden, die ihren Anliegen nur sehr begrenzt entsprach. Damit wird die Geschichte der juristischen Aufarbeitung der NS-Verbrechen als Konfliktgeschichte um eine wichtige Facette bereichert. Im Rahmen des Projekts wird außerdem eine bisher ausstehende Auseinandersetzung mit den in den Strafverfahren generierten Zeugnissen der NS-Verfolgten geleistet, die die Entstehungsbedingungen dieser Zeugnisse ernst nimmt, ohne sie allein unter dem Gesichtspunkt der Faktengewinnung zu betrachten und den Glaubwürdigkeitskriterien der Strafjustiz zu unterwerfen oder sie auf eine ethische und erinnerungskulturelle Funktion zu reduzieren. Damit wird auch für künftige Forschungen verschiedener Disziplinen ein Weg zu einem reichhaltigen Bestand an bisher wenig genutztem Quellenmaterial geebnet.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Kooperationspartnerin Professorin Dr. Sybille Steinbacher
 
 

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