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Der Einsatz des protektiven Modifiers NCALD zur Entwicklung einer effizienten kombinatorischen Therapie bei spinaler Muskelatrophie
Antragstellerin
Professorin Dr. Brunhilde Wirth
Fachliche Zuordnung
Molekulare und zelluläre Neurologie und Neuropathologie
Molekulare Biologie und Physiologie von Nerven- und Gliazellen
Molekulare Biologie und Physiologie von Nerven- und Gliazellen
Förderung
Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 398410809
Die spinale Muskelatrophie (SMA) ist eine bisher unheilbare, häufige neuromuskuläre Erkrankung, die in 60 % der Fälle zum Tod im frühen Kindesalter führt. Der Verlust des SMN1-Gens beeinträchtigt die Funktion der a-Motoneuronen (MN) im Rückenmark und verursacht Muskelatrophie. Der Schweregrad der SMA wird primär durch ein teilweise funktionsfähiges SMN2-Kopiegen und in seltenen Fällen durch zusätzliche modifizierende Gene beeinflusst. SMN2 wird zu 90 % aberrant gespleißt. Da jeder SMA-Patient 1-6 SMN2-Kopien trägt, stellt SMN2 das Zielgen für SMA-Therapien dar. Kürzlich wurden die ersten spleißkorrigierenden SMN-ASOs (SPINRAZA) von der FDA und EMA zugelassen. Obwohl die ersten klinischen Erfolge beeindruckend sind, ist die Menge an SMN-Protein insbesondere bei Menschen mit nur 2 SMN2-Kopien (SMA Typ 1), selbst bei präsymptomatischer Therapie unzureichend, um diese vor der Entwicklung einer SMA zu schützen. Basierend auf sogenannten SMA-diskordanten Familie, in denen SMN1-deletierte Individuen asymptomatisch bleiben, ist es uns gelungen, zwei SMA-protektive Modifier, Plastin 3 (PLS3) und Neurocalcin delta (NCALD) zu identifizieren. PLS3 ist ein F-Aktin-bindendes und -bündelndes Protein, das schützend durch Überexpression wirkt, während NCALD ein neuronales Calciumsensor-Protein ist, das durch Suppression protektiv wirkt. Wir haben die Hypothese aufgestellt, dass diese Modifier uns neue Wege zu einer zusätzlichen SMN-unabhängigen Therapie zeigen und den zellulären Mechanismus der SMA aufdecken werden. In der letzten Förderperiode haben wir durch aufwendige funktionelle Studien in drei verschiedenen Spezies (Wurm, Zebrafisch und Maus) den schützenden Effekt der Modifier gezeigt. Besonders wichtig ist zu erwähnen, dass wir erstmalig auch den zusätzlichen Wert einer kombinierten Therapie aufzeigen konnten. Schwer betroffene SMA-Mäuse, die mit geringen Spinraza-Mengen behandelt wurden und zusätzlich entweder PLS3 als Transgen exprimierten oder ein Ncald-Knockout-Allel trugen, haben in allen durchgeführten Tests, die SMA-Symptomatik aufgehoben oder verbessert. Die Lebenserwartung wurde drastisch erhöht. Desweiteren ist es uns aufgrund beider Modifier gelungen, die zelulläre Ursache der SMA zu entschlüsseln: es handelt sich hierbei um eine gestörte Endozytose, die durch beide Modifier korrigiert wird. Im Rahmen des Antrages wollen wir dieses Wissen in Richtung einer Therapie vorantreiben. 1) Mit Hilfe von spezifischen Ncald–ASOs zusammen mit SPINRAZA soll der Effekt bei präsymptomatischer und symptomatischer Verabreichung in SMA Mäusen getestet werden. 2) Sollen human-spezifische NCALD-ASOs entwickelt und diese in iPSC-induzierten MN, NMJs und Gehirn-Organoiden von SMA und Kontrollen gestestet werden. 3) Mittels Co-Immunpräzipitation und Massenspektrometrie haben wir neue Proteine identifiziert, die mit NCALD direkt oder indirekt interagieren, und möchten diese biochemisch, funktionell und mechanistisch im Zusammenspiel mit NCALD untersuchen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen