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Kirchenbindung und Liturgiefeier. Die Rolle kleiner Liturgiken des 19. Jahrhunderts
Antragsteller
Professor Dr. Benedikt Kranemann
Fachliche Zuordnung
Katholische Theologie
Förderung
Förderung von 2018 bis 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 397767460
Im 19. Jahrhundert ist eine Reihe kleiner, populärer Liturgiken erschienen, die der liturgischen Bildung der Gläubigen dienen sollte. Die Bücher widmen sich entweder einzelnen Liturgiefeiern, bevorzugt der Messe, oder führen umfassender in die Liturgie und ihre Grundlagen ein. Die Bücher sind einfach strukturiert und allgemeinverständlich geschrieben. Sie sind im Umfeld gesell-schaftlicher und kirchlicher Umbrüche entstanden und erhielten von hierher ihre Bedeutung: Sie sollten durch die Erschließung der Liturgiefeiern und ihrer Theologie die Bindung der Gläubigen an die Kirche und eine intensive liturgische Praxis fördern. Liturgie mit ihren Texten und Riten wird als „Gesicht“ des Glaubens der katholischen Kirche verstanden. Wer an der Liturgie teilhat, kann sich eng der Kirche und ihrem Glauben verbunden wissen. Die Liturgiken können als Ver-such gelesen werden, Abbrüchen in der innerkirchlichen Praxis und temporärer kirchlicher Betei-ligung entgegenzuwirken. In einer Zeit großer Umwälzungen, die als Gefährdung der Kirche wahrgenommen wird, sollen solche „Volksliturgiken“ die Bindung der Gläubigen an die Kirche und die Liturgie als einen ihrer Grundvollzüge fördern. Das Projekt wird diese Liturgiken für den Zeitraum von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Jahre 1884 (Erstauflage des „Schott“-Messbuchs) bibliografisch erfassen, Inhalt und Anlage beschreiben sowie erfragen, was sich über die Verfasser und ihre möglichen Interessen sagen lässt. Auf dieser Quellenbasis wird das Projekt fragen, wer die Adressaten dieser Bücher waren und was die Intention der Bücher mit Blick auf die Leserinnen und Leser gewesen ist. Eine Arbeitshypothese lautet, dass durch diese Bücher die Gläubigen auf ein Verständnis der Liturgie eingeschworen werden sollten, dass die Bindung an die Kirche und ihre Liturgie in einer Zeit großer Umbrüche (Industrialisierung, Kulturkampf etc.) festigen und der Distanzierung einzelner Bevölkerungsgruppen von Kirche und Gottesdienst entgegenarbeiten sollte. Dafür wird das zeitgeschichtliche Umfeld, in dem die Quellen entstanden sind, beschrieben. Mit Blick auf die Inhalte, die die Liturgiken vermitteln sollen, wie auf ihre mögliche Wirkung auf die religiöse Praxis werden ausgewählte liturgietheologischer Themen analysiert. Neben dem jeweiligen Liturgiebe-griff ist der Bedeutung von Zeichenhandlungen und Körperlichkeit, den Partizipationsmöglichkei-ten und Rollenbeschreibungen, der Funktion von Gesang und Musik, den Methoden der Vermittlung von Liturgie nachzugehen. Diese Aspekte sind bedeutsam, wenn die Bindung an Liturgie und Kirche gestärkt und einer fluiden Beteiligung entgegengearbeitet werden kann. Dabei wird zu untersuchen sein, welche Bedeutung der Liturgie angesichts einer als Gefahr wahrgenommenen veränderten Partizipation (partielle Teilnahme am gottesdienstlichen Leben, Diskontinuität durch Distanzierung von der Kirche) für die Bindung an die katholische Kirche beigemessen worden ist.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen