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Der Täuschungseffekt im Basketball unter quasirealistischen Bedingungen

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2017 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 394685241
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im ersten Teil des DFG-Projektes untersuchten wir den Entstehungslokus der Kopftäuschung im Basketball für dynamische Reize. Dafür sollten die Versuchspersonen (Vpn) auf kurze Videosequenzen eines Basketballspieler mit einem linken oder rechten Tastendruck reagieren, der einen Spielpass nach links oder rechts mit oder ohne Kopftäuschung darbot. In Experiment 1 wurde dafür die Anordnung der zwei Reaktionstasten variiert, indem beide Antworttasten entweder horizontal oder vertikal angeordnet waren. Nach den Ergebnissen reagierten die Vpn langsamer und fehleranfälliger auf Spielpässe mit Kopftäuschung als auf Spielpässe ohne Kopftäuschung, was den s. g. Täuschungseffekt widerspiegelt. Die Anordnung der Antworttasten spielte dabei keine Rolle. Dies spricht gegen eine Bahnung der motorischen Reaktion und für einen perzeptuellen Ursprung des Täuschungseffektes während der Enkodierung der aufgabenrelevanten Passrichtung, die durch die automatische Mitverarbeitung der aufgabenirrelevanten Kopforientierung gestört wird. In den Experimenten 2a und 2b wurde daraufhin die Bildqualität der Videos manipuliert, um zu überprüfen, ob die Täuschung auch Prozesse der Reaktionsauswahl beeinflusst. Dabei verringerte sich der Täuschungseffekt je mehr die Bildqualität reduziert wurde. In Experiment 3 erfolgte die Überprüfung der Reaktionsauswahlprozesse anhand einer Simon-Aufgabe, für die die Vpn auf die wechselnde Farbe des Basketballs reagieren sollten, d. h. sowohl die Passrichtung als auch die Kopforientierung waren in diesem Fall aufgabenirrelevant. Wiederum wirkte sich die Kompatibilität zwischen Passrichtung und Kopforientierung auf die Bearbeitung der Aufgabe aus, während sich keine Effekte der motorischen Bahnung für die Reaktionsseite ergaben. In der Gesamtschau legen die Experimente 1 – 3 einen reizseitigen Ursprung des Täuschungseffektes, welcher die Prozesse der Stimulus-Enkodierung (d.h. Interferenz entsteht aufgrund der automatischen Mitverarbeitung der aufgabenirrelevanten Kopforientierung) und der Reaktionsauswahl (d.h. das Mapping von Stimulus auf eine bestimmte Reaktion) betrifft, nahe. Reaktionsseitige Effekte, die für eine Bahnung motorischer Reaktionen sprechen, konnten dagegen nicht gefunden werden. Der zweite Teil widmete sich den zeitlichen Aspekten der Täuschungsdurchführung als moderierende Faktoren des Täuschungseffektes. In Experiment 4 haben wir den zeitlichen Versatz (d.h. das SOA) zwischen aufgabenirrelevanter Kopforientierung und relevanter Passrichtung in mehreren Stufen (von 0-800 ms) systematisch variiert. Dabei erfolgte die Kopfwendung entweder gleichzeitig mit dem Wurf oder ging dem Pass zeitlich voran. Nach den Ergebnissen steigt der Täuschungseffekt zunächst mit kleineren SOAs an, ist bei 300 ms (Reaktionszeiten) bzw. 200 ms (Fehlerraten) am größten und nimmt danach mit größeren SOAs wieder ab, ohne jedoch ganz zu verschwinden. Diese Modulation des Täuschungseffektes scheint v. a. auf einem Priming Effekt der Kopfwendung und (zusätzlich) auf einer möglichen Aufmerksamkeitsverschiebung beim Betrachter zu basieren. Im Anschluss daran wurde die Wirkung des zeitlichen Abstandes zwischen zwei aufeinanderfolgenden Täuschungsversuchen untersucht. Dafür manipulierten wir das Intervall zwischen der Reaktion auf den ersten Spielpass und der Präsentation des zweiten Spielpasses (RSI) in Experiment 5a sowie das Intervall zwischen der Präsentation des ersten Spielpasses und der Präsentation des zweiten Spielpasses (ISI) in Experiment 5b. Es zeigte sich, dass zwei sehr schnell hintereinander ausgeführte Kopftäuschungen dazu führen, dass der Vorteil für den täuschenden Spieler verschwindet (Experiment 5b, kurzes ISI) oder sogar ein Nachteil für diesen entsteht (Experiment 5a, kurzes RSI). Dieses Ergebnismuster spricht für die Wirksamkeit von bottom-up Prozessen auf Seiten des Betrachters, die auf Merkmalsintegration basieren. Überraschend waren die Ergebnisse der mittleren und langen Intervalle, für die sich kein Täuschungseffekt – und damit auch kein sequenzieller Anpassungseffekt an die Täuschung – ergab. Da ein typischer Kopftäuschungseffekt erwartbar wäre, wenn der vorherige Versuch keinen Einfluss mehr auf den aktuellen Versuch nimmt, kann davon ausgegangen werden, dass zeitintensivere top-down Prozesse Einfluss auf die Verarbeitung des aktuellen Versuchs nehmen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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