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Mathematische Analyse der Musterbildung in dünnen ferromagnetischen Filmen

Fachliche Zuordnung Mathematik
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 392124319
 
Erstellungsjahr 2022

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ferromagnetische Materialien spielen eine wichtige Role in Datenspeicherungstechnologien, aufbauend auf ihrer Fähigkeit, komplexe Magnetisierungsmuster zu bilden. Ein wichtiger Fokus in der Forschung der letzten Jahre bezog sich auf ultradünne ferromagnetische Filme mit orthogonaler Anisotropie. Typische experimentell beobachtete Strukturen in solchen Filmen sind streifenförmige oder blasenförmige Gebiete. Andere Muster, welche in dünnen ferromagnetischen Filmen auftauchen sind zickzackförmige Übergangsschichten. Diese Muster wurden zwar schon anhand spezifischer Konfigurationen in der physikalischen Literatur untersucht, eine umfassende (ansatzfreie) mathematische Theorie, welche diese Muster erklärt, fehlt aber weiterhin. Das Ziel dieses Projektes war daher zur Entwicklung einer solchen Theorie beizutragen und die magnetischen Strukturen anhand der zugrundeliegenden mikromagnetischen Energie zu erklären. Die Schwierigkeit in der Behandlung des zugrundeliegenden variationellen Modells besteht in der fehlenden Konvexität, der Nichtlokalität und in seinem vektoriellen Charakter. Eine andere Besonderheit magnetischer Systeme ist ihr dipolarer Charakter, d.h. die räumliche Interaktion zwischen positiven and negativen magnetischen Ladungen. Obwohl einige Werkzeuge zur Analysis solcher Modelle vorhanden sind, gibt es keine allgemeine Theorie solche Probleme zu lösen. Die Behandlung dieser Fragen erfordert verschiedene Methoden aus der Variationsrechnung und asymptotischer Analysis wie Γ–Konvergenz, die Herleitung optimaler Interpolationsabschätzungen und Werkzeuge aus der geometrischen Maßtheorie. Im ersten Teil des Projektes haben wir ein Skalierungsgesetz für die Grundzustandsenergie und die typische Domänengröße für magnetische Gebiete in einem dünnen ferromagnetischen Film kritischer Größe hergeleitet. Damit können wir ein Kriterium für die kritische Größe des magnetischen Filmes geben, so dass nichttriviale Musterbildung erfolgen kann. Die Schwierigkeit in diesem Modell ist, dass der Grenzflächenanteil und der magnetostatische Anteil der Energie sich in führender Ordnung aufheben. Für ein zugehöriges scharfes Grenzflächenmodell konnten wir trotzdem einen Γ–Limes zu einer nichtlokalen Energie (mit Perimeter-Skalierung) herleiten. Wir merken an, dass dieser Γ–Limes auch als eine zweite Ordnungsvariante der klassischen nichtlokalen Näherung des BV-Funktionals angesehen werden kann. Dieses Resultat wurde durch eine neuartige Anwendung der Autokorrelationsfunktion zur Minimierung von Funktionalen dieses Typs ermöglicht und wir waren in der Lage frühere Resultate substantiell zu erweitern. Der Vorteil dieses Zugangs ist die Linearisierung des Funktionals, allerdings mit dem Nachteils eines substantiell kompilizierteren (nichtkonvexen) zugrundliegenden Funktionsraumes. Wir haben auch das erste Γ–Limes Resultat für sogenannte Zickzack–Übergangsschichten hergeleitet durch eine subtile Anwendung geeigneter Testfunktionen zusammen mit geometrischen Überlegungen. Das hergeleitete Funktional hat eine natürliche Formulierung anhand der Autokorrelationsfunktion und erfordert weitere Forschung wie z.B. Regularitätseigenschaften schwacher (und starker) Lösungen. Wir haben auch die Ohta-Kawasak-Energie untersucht und einen makroskopischen Grenzwert im dreidimensionalen Fall hergeleitet. Das Resultat zeigt insbesondere, dass die Energie, im untersuchten Regime eines kleinen (aber kritischen) Volumenanteils, eine gleichmäßige Verteilung der Phasen auf größeren Skalen bevorzugt. Wir haben außerdem die Struktur isolierter ferromagnetischer Gebiete untersucht, welche relevant für Phasentransformationen und Nukleationsprozesse sind. Schließlich haben wir optimale Strukturen für Gittermodelle untersucht, insbesondere in der Anwesenheit von Ladungen mit unterschiedlichem Vorzeichen. Diese Untersuchungen sind durch die dipolare Natur der magnetischen Ladungen motiviert und erklären die Dömangröße im eindimensionalen Fall.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • “Optimal shape of isolated ferromagnetic domains”. In: SIAM J. Math. Anal. 50.6 (2018), pp. 5857–5886
    H. Knüpfer and F. Nolte
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1137/18M1175719)
  • “Emergence of nontrivial minimizers for the three-dimensional Ohta-Kawasaki energy”. In: Pure Appl. Anal. 2.1 (2020), pp. 1–21
    H. Knüpfer, C. B. Muratov, and M. Novaga
    (Siehe online unter https://doi.org/10.2140/paa.2020.2.1)
  • “On the optimality of the rock-salt structure among lattices with charge distributions”. In: Math. Models Methods Appl. Sci. 31.2 (2021), pp. 293–325
    L. Bétermin, M. Faulhuber, and H. Knüpfer
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1142/S021820252150007X)
  • “Γ-limit for two-dimensional charged magnetic zigzag domain walls”. In: Arch. Ration. Mech. Anal. 239.3 (2021), pp. 1875–1923
    H. Knüpfer and W. Shi
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s00205-021-01606-x)
  • “Asymptotic shape of isolated magnetic domains” (2022)
    H. Knüpfer and D. Stantejsky
    (Siehe online unter https://doi.org/10.48550/arXiv.2110.02384)
  • “Onset of pattern formation in thin ferromagnetic films with perpendicular anisotropy” (2022)
    B. Brietzke and H. Knüpfer
    (Siehe online unter https://doi.org/10.48550/arXiv.2205.10061)
 
 

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