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Experimentelle Untersuchung und mathematische Modellierung mechanisch gesteuerter Wachstums- und Umbauprozesse in postpubertären Schweineharnblasen
Antragstellerinnen / Antragsteller
Professor Dr.-Ing. Markus Böl; Professor Dr.-Ing. Christian Johannes Cyron; Professorin Dr. Marion Schmicke
Fachliche Zuordnung
Mechanik
Angewandte Mechanik, Statik und Dynamik
Angewandte Mechanik, Statik und Dynamik
Förderung
Förderung von 2018 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 386349077
Die Harnblase ist ein zentrales Organ der Wirbeltiere. Ihre Mechanik ist von besonderer Bedeutung aufgrund der extremen Verformungen, die sie durchläuft, um bedeutende Flüssigkeitsmengen zwischenzuspeichern. Eine besondere Rolle spielen Wachstums- und Umbauprozesse in der Harnblase in Folge mechanischer Stimuli wie sie etwa bei Gesundheitsproblemen wie einer partiellen Obstruktion der Harnröhre - von der etwa 50% bis 75% der männlichen Bevölkerung über 50 Jahre betroffen sind - auftreten. Die biomechanischen Grundlagen dieser Wachstums- und Umbauprozesse sind bislang weitgehend ungeklärt. Das vorliegende Forschungsvorhaben zielt darauf ab, Wachstums- und Umbauprozesse in der Blase und ihren Zusammenhang zu gegebenen mechanischen Reizen erstmals durch biomechanische Experimente zu quantifizieren und durch ein auf diesen Experimenten aufbauendes mathematisches Modell allgemein zu beschreiben. Dazu werden postpubertären Schweinen unterschiedlicher Altersstufen nach der Schlachtung die Harnblasen entnommen. Diese werden sowohl biomechanisch als auch immunhistologisch untersucht, um daraus einen typischen Verlauf von Wachstums- und Umbauprozessen über die Zeit in Abhängigkeit von den in den Blasen auftretenden mechanischen Reizen zu rekonstruieren. Gleichzeitig wird ein mathematisches bzw. numerisches Constrained-Mixture-Modell entwickelt, mit dem die Wachstums- und Umbauprozesse in der Blase allgemein beschrieben werden können. Die Parameter und funktionalen Zusammenhänge in diesem Modell werden aus den experimentellen Daten mit Hilfe eines sequentiellen Monte-Carlo-Verfahrens bestimmt. Damit hormonelle Faktoren nicht als Störfaktoren die Modellbildung beeinträchtigen, werden den Schweinen beim Schlachten Blut- und Leberproben entnommen und die darin gemessenen Hormonkonzentrationen werden geeignet im mathematischen Modell berücksichtigt. Abschließend wird das so gewonnene weltweit erste mathematische Modell für Blasenwachstum dazu eingesetzt, die Wachstums- und Umbauprozesse in Folge einer partiellen Obstruktion der Harnröhre in Grundzügen biomechanisch zu modellieren, um damit die Basis zu schaffen, die in diesem Projekt gewonnenen Erkenntnisse in zukünftigen weiterführenden Arbeiten klinisch zu verwerten.Wenngleich das Projekt im Schwerpunkt auf die Bestimmung des Zusammenhangs zwischen mechanischen Reizen und Wachstum bzw. Umbau des Gewebes in der Blase abzielt, wird es zusätzlich auch erstmals ein grundlegendes quantitatives und in ein mathematisches Modell eingebettetes Verständnis schaffen, wie hormonelle und mechanische Faktoren bei der Steuerung dieser Prozesse superponieren. Eine Besonderheit des in diesem Projekt entwickelten Modells wird insbesondere seine starke Basis experimenteller Daten sein, während die bei weitem meisten anderen Wachstumsmodelle für Weichgewebe aller Art derzeit nur unzureichend durch experimentelle Daten gestützt sind.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen