Schaumextrusion von modifiziertem Biokunststoff auf Basis von Polylactid (PLA)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Gemeinschaftsprojekt des Instituts für Kunststofftechnik (IKT) und des Lehrstuhls für Polymere Werkstoffe der Universität Bayreuth hatte zum Ziel die kritischen material- und prozessspezifischen Parameter zu bestimmen, die zum Schäumen von PLA erforderlich sind. Realisiert wurde dies durch Einsatz verschiedenster linearer PLA (unterschiedliche chemische Konstitution, wie Molekulargewicht, Säurezahl und D-Gehalt) und durch den Einsatz chemischer Modifikationen. Die ausgewählten PLA Typen wurden zunächst hinsichtlich ihrer chemischen, physikalischen und rheologischen Eigenschaften charakterisiert und anschließend geschäumt (Autoklav und Extrusion). Es konnten so Zusammenhänge herausgearbeitet werden, von denen das Verarbeitungsfenster beim Schäumen abhängt und wichtige Faktoren die, die Schaumeigenschaften (u.a. Dichte, Morphologie, Druckfestigkeit) bestimmen, evaluiert werden. Teilziel des Projektes war es eine kritische Nullviskosität die für das Schäumen niedriger Dichte notwendig ist, zu identifizieren. Es zeigte sich, dass das Schäumverhalten aber auch noch von weiteren Faktoren bestimmt wird; wobei im Falle des PLAs das komplexe Kristallisationsverhalten stark ins Gewicht fällt. Als weiteres Teilziel wurde der Einfluss der chemischen Konstitution, insbesondere in Hinblick auf den D-Gehalt und die Endgruppenkonzentration (Säurezahl), auf den Reaktionsmechanismus und die resultierende Ketten-Topologie nach der chemischen Modifizierung betrachtet. Hierbei wurden verschiedene Modifikatoren mit unterschiedlicher Funktionalität und funktionellen Gruppen eingesetzt. Das organische Peroxid (Dicumylperoxid) erwies sich als sehr effektiver Modifikator. Durch die Modifizierung verschiedener Polylactide mit einem organischen Peroxid bzw. mit einem multifunktionellen Epoxid konnte festgestellt werden, dass der D-Gehalt sowie das Molekulargewicht bzw. die Säurezahl einen erheblichen Einfluss auf den Reaktionsmechanismus und die resultierende Topologie ausüben. Je größer das Molekulargewicht bzw. je niedriger die Säurezahl ist, desto effektiver (d. h. unter Einsatz geringerer Modifikatorkonzentrationen) kann das PLA modifiziert werden. Als Folge dessen ergibt sich ein größerer Anteil an modifizierten Kettenstrukturen (höhere Verzweigungs- und Teilvernetzungsgrade). Dies führt zu einer signifikanten Erhöhung der komplexen Viskosität und der Schmelzefestigkeit. Ebenso weisen die modifizierten PLA eine höhere Kristallinität auf. Chemische Modifikationen werden oft verwendet um die an sich sehr niedrige Schmelzefestigkeit von PLA zu erhöhen. Auf Basis der Literatur-Recherche und aus den Ergebnissen des Vorgängerprojektes wurden 2 chemische Modifikationen für die Schaumextrusion ausgewählt. Wie gezeigt werden konnte, kann die resultierende Erhöhung der Schmelzefestigkeit zu Schäumen mit sehr geringen Dichten (ca. 30 kg/m3) mit einer homogeneren Schaumstruktur führen. In der Folge konnte auch die Druckfestigkeit deutlich gesteigert werden, so dass Werte ähnlich denen von XPS erreicht wurden. Es gibt insgesamt aber eine Vielzahl an Faktoren die das Schaumergebnis von PLA beeinflussen. Dazu zählen neben die Molmasse, die v.a. das rheologische Verhalten bestimmt auch das komplexe thermische Verhalten welches von der Enatiomer-Zusammensetzung abhängt (Verhältnis L-Lactid / D-Lactid). In einer umfangreichen Studie wurden anhand von Autoklav-Schäumen der Einfluss dieser materialspezifischen Größen, aber auch von Prozessfaktoren (u.a. Sättigungsbedingungen) herausgearbeitet. Hier wurde die Nullviskosität (ZSV) mit der Schäumbarkeit korreliert, wobei Dichten deutlich unter 100 kg/m3 erreicht wurden. Die ZSV hängt in erster Linie vom Molekulargewicht ab. Generell ist natürlich eine höhere Viskosität (und folglich erhöhte Schmelzefestigkeit) für das Schäumen von Vorteil. Im Falle von PLA ist es jedoch so, dass das komplexe thermische Verhalten ebenfalls großen Einfluss hat. Es zeigte sich, dass in den temperierten Proben in Gegenwart des Treibmittels (CO2) Kristallisation stattfindet. Das Ausmaß der Kristallisation hängt dabei stark vom D-Gehalt ab; niedrige D-Gehalte und / oder Nukleierungsmittel können zu einer für das Schäumen hinderlichen Kristallisation führen. Die Kristallisation ist damit neben den rheologischen Eigenschaften als wichtige Eingangsgröße beim Schäumen von PLA zu betrachten. Aufbauend auf diesen Arbeiten wurde der Einfluss des Treibmittels auf das Schmelzeverhalten in einer speziellen Druckzelle und hinsichtlich der Auswirkung auf die Kristallisation aber auch auf die Reaktion der oft verwendeten chemischen Modifikationen untersucht. Neben der chemischen Modifikation wird in der Fachliteratur auch eine weitere Methode zur Erhöhung der Schmelzefestigkeit für das Schäumen beschrieben; dabei werden feinste Fasern eines höherschmelzenden Polymers in das zu schäumende Material eingearbeitet. Ferner wurde PLA mittels spezieller in-situ Nanofibrillierung (PBT) modifiziert und die Auswirkungen auf die Kristallisation und die entstehenden Kristallstrukturen beschrieben. Autoklavschäumversuche zeigten eine deutlich feinere Zellstruktur. Des weiteren wurde das Abbauverhalten von chemisch modifiziertem PLA untersucht, wobei keine Nachteile für den nicht-bakteriellen Abbau gezeigt werden konnten. Fazit: Zum Erzielen von niedrig-dichten PLA Schäumen guter Schaumqualität ist es erforderlich, dass PLA-Typen eingesetzt werden, die bereits eine gewisse Nullviskosität aufweisen. Durch Modifikation und Einbringen von Verzweigungen kann die Nullviskosität und auch die Schmelzefestigkeit weiter erhöht werden, was insbesondere die Schaummorphologie und mechanischen Eigenschaften positiv beeinflusst. Auch zukünftig bietet das Thema PLA Schaum – nicht nur im Hinblick auf das oft in diesem Zusammenhang genannte Stichwort Nachhaltigkeit – weiteres Forschungspotential. Gerade im Bereich des komplexe Kristallisationsverhalten gibt es offene Fragestellungen. So zeigte sich, dass auch PLA mit sehr hohem D-Gehalt (12%), welches als amorph gilt, unter gewissen Bedingungen Phasenumwandlungen widerfährt. Auch der Ansatz nano-fibrilläre Strukturen zur Erhöhung der Schmelzefestigkeit einzusetzen, zeigt sich als vielversprechend hinsichtlich der Verbesserung der Schaummorphologie, wodurch zukünftig weitere Verbesserungen im Bereich der mechanischen Eigenschaften zu erwarten sind.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Modification, Preparation and Characterization of Polylactide Foams. SPE Foams 2017 – 15th International Conference on Advances in Foam Materials & Technology, Bayreuth, 11.-12.10.2017
Göttermann, S.; Standau, T.; Altstädt, V.; Bonten, C.
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Chemical Modification and Foam Processing of Polylactide (PLA), Polymers, 2019
Standau, T.; Zhao, C.; Murillo Castellón, S.; Bonten, C.; Altstädt, V.
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Effect of the Chemical Modification on the Thermal and Rheological Properties of Different Polylactides for Foaming. 35th International Conference of the Polymer Processing Society, Çeşme İzmir / Türkei, 26. - 30. Mai 2019
Murillo Castellón, S.; Standau, T.; Altstädt, V.; Bonten, C.
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Effects of chemical modifications on the rheological and the expansion behavior of polylactide (PLA) in foam extrusion, e-Polymers, 2019
Standau, T.; Murillo Castellón, S.; Delavoie, A.; Bonten, C.; Altstädt, V.
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Development of in situ nanofibrillar poly (lactic acid)/poly (butylene terephthalate) composites: Non-isothermal crystallization and crystal morphology, European Polymer Journal, 2020
Shahnooshi, M.; Javadi, A.; Nazockdast, H.; Altstädt, V.
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Evaluation of the Zero Shear Viscosity, the D-content and Processing Conditions as Foam Relevant Parameters for Autoclave Foaming of Standard Polylactide (PLA), Materials, 2020
Standau, T.; Long, H,; Murillo Castellón, S.; Brütting, C.; Bonten, C.; Altstädt, V.