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Die Förderung ausbildungsrelevanter Verhaltensstandards im Unterricht berufsvorbereitender Bildungsgänge (FöABv)

Fachliche Zuordnung Erziehungswissenschaftliche Sozialisations- und Professionalitätsforschung
Förderung Förderung von 2017 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 376696319
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Lichte der hohen Gewichtung von sozialen Kompetenzen im Kontext der dualen Berufsausbildung steht gegenwärtig das Verhalten von Jugendlichen im Fokus pädagogischer Institutionen am Übergang Schule-Beruf. Die gesellschaftlichen Vorstellungen zu den für eine erfolgreiche Ausbildung als notwendig erachteten Verhaltensweisen realisieren sich im Unterricht berufsvorbereitender Bildungsgänge in einer spezifischen pädagogischen Ordnung, welche die Studie mittels einer ethnografischen Forschungsstrategie beleuchtet. Hierzu wurden Lehr- und Fachkräfte an beruflichen Schulen und bei Trägern der Jugendberufshilfe interviewt und teilnehmende Beobachtungen im Unterricht durchgeführt. Im Zentrum stand die Frage, inwiefern und auf welche Weise pädagogisch Einfluss auf das Verhalten der Jugendlichen genommen wird und welche normativen Zielvorstellungen zum gewünschten Verhalten dabei wirksam werden. Der in den Interviews sichtbar gewordene Widerspruch zwischen kritisch-distanzierten Positionierungen zum institutionellen Normalisierungsprinzip und ausgeprägt normalisierenden Konstruktionen des jugendlichen Verhaltens verweist auf eine grundsätzliche Antinomie im Unterricht der Berufsvorbereitung. Die intendierte Integration in Ausbildung begünstigt eine defizitorientierte Sicht auf das jugendliche Verhalten, im Zuge derer die diskursive Praxis um mangelnde ‚Ausbildungsreife‘ reproduziert wird. Jene Konstruktion des jugendlichen Verhaltens korrespondiert mit einer umfassenden Verhaltensbearbeitung im Unterricht. Die Studie differenziert die Bearbeitung des jugendlichen Verhaltens in fünf Kerndimensionen, die jeweils durch artverwandte Praktiken hervorgebracht werden und in einer spezifischen Logik auf das jugendliche Verhalten rekurrieren. Während das Synchronisieren der Biografisierung die Lebensplanung adressiert und zur Anpassung an den institutionellen Normallebenslauf aufruft, fokussiert die Mikro-Politik der Zeit den Umgang mit alltäglicher Zeit und zielt auf die Verinnerlichung eines der Arbeitswelt zugeschriebenen Zeitregimes. Das Entwöhnen von jugendkulturellen Verhaltensweisen fordert dazu auf, durch den Verzicht auf jugendliches Verhalten performativ den Übergang in den Erwachsenenstatus zu vollziehen. Demgegenüber zielt das (Ver-)Schulen von Arbeitstugenden auf eine umfassend optimierte jugendliche Performance durch die Aneignung didaktisch weitgehend vorstrukturierter Verhaltensstandards. Das sich insbesondere in Werkstätten realisierende Modellieren des Arbeitskörpers soll die Transformation vom jugendlichen Schüler- zum erwachsenen Arbeitskörper begünstigen und die gezielte Vorbereitung auf körperintensive Arbeit in der Ausbildung sicherstellen. Die Studie zeigt, dass berufsvorbereitender Unterricht auf die Veränderung diverser Verhaltensbereiche und eine grundlegende Transformation des jugendlichen Selbst- und Weltbezugs zielt. Die Jugendlichen lernen, die Welt nicht mehr aus den Augen von Jugendlichen, sondern aus der Perspektive von (künftigen) Auszubildenden wahrzunehmen und sich entsprechend in ihr zu bewegen. In dieser Perspektive kommt es im Unterricht zur Hervorbringung einer spezifischen jugendlichen Subjektivierungsform, die als ‚ausbildungsreifes Selbst‘ bezeichnet werden kann. Orientierungsfolie bilden die institutionell antizipierten und imaginierten Verhaltenserwartungen potenzieller Ausbildungsbetriebe, denen sich die jugendliche Selbstpräsentation möglichst umfassend anpassen und unterwerfen soll.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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