Detailseite
Projekt Druckansicht

Die Opera buffa als europäisches Phänomen. Migration, Mapping und Transformation einer neuen Gattung

Fachliche Zuordnung Musikwissenschaften
Förderung Förderung von 2017 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 362114878
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Projekt wurde erstmals die Verbreitung des neuen Genres Opera buffa in Europa zwischen 1740 und 1765 systematisch erforscht. Damit konnte eine der zentralen Entwicklungen, die im 18. Jahrhundert zu weitreichenden Veränderungen der europäischen Opernlandschaft führte, aus unterschiedlichen Blickwinkeln und unter Bezugnahme auf die Schlüsselbegriffe Migration, Mapping und Transformation untersucht werden. Die Erfassung und Veröffentlichung der durch überlieferte Quellen bestimmbaren Aufführungsserien von Opere buffe in einer Datenbank (mit Informationen zu Ort, Zeitpunkt, aufgeführtem Werk, beteiligten Personen, verfügbaren Quellen und Literatur) bot nicht nur die Möglichkeit zu umfassenden quantitativen Analysen im Projekt, sie bildet auch eine wertvolle Grundlage für weitere Forschungen. Die Analysen lieferten Erkenntnisse über 1) die Zentren der Opera buffa-Aufführung in Europa im zeitlichen Verlauf, 2) dominierende Komponisten und die am häufigsten gespielten Werke, 3) maßgebliche Opernunternehmerinnen und -unternehmer und ihre Reiserouten, 4) die für die Opera buffa wichtigsten Sängerinnen und Sänger, die zur Verbreitung des Genes beitrugen sowie ihre Netzwerke und 5) das Tanzgeschehen im Rahmen von Opera buffa-Aufführungen inkl. dem involvierten Tanzpersonal. Aus der quantitativen Datenanalyse sowie der Aufarbeitung zahlreicher weiterer historischer Quellen konnten detaillierte Erkenntnisse über die Etablierung und Verbreitung der Opera buffa gewonnen werden, die einen wertvollen Beitrag zur Sozial- und Mobilitätsgeschichte der Oper des 18. Jahrhunderts bilden. Die Reisetätigkeiten von mobilen Operntruppen konnten durch neue Quellenfunde insbesondere am Fallbeispiel des Impresario Giovanni Francesco Crosa detailliert nachvollzogen werden. Eine umfassende Auswertung handschriftlicher Musikalien konnte zeigen, dass ein Großteil der Manuskripte aus Venedig stammte. Die Lagunenstadt stellte damit den wichtigsten Musikalienmarkt für die Opera buffa dar, Impresari wie Sängerinnen und Sänger bezogen hier das musikalische Material und brachten es an verschiedene Aufführungsorte, an denen es in Teilen noch heute aufbewahrt wird (z.B. Braunschweig/Wolfenbüttel). Im Projekt wurden ferner unterschiedliche Transformationsprozesse beleuchtet, die mit der Etablierung der Opera buffa einhergingen. Die Untersuchung zu Repertoire und Ensembles führte zur Erkenntnis, dass insbesondere bei mobilen Truppen genaue Abwägungen stattfinden mussten, mit welchem Personal welches Repertoire gespielt werden konnte und ob und in welcher Form Opera buffa auf den Spielplan kam. Die wichtige Frage der Transformation der Werke selbst wurde am zentralen Fallbeispiel L’Orazio aufgearbeitet, für das zu beobachten ist, dass eine enorme Vielfalt an Bearbeitungen stattfand, sich aber auch gewisse Aufführungsversionen konventionalisierten und geographisch stärker ausbreiteten als andere. Ein großer Schwerpunkt des Projekts lag schließlich auch auf der Frage der Etablierung der Opera buffa an Höfen, da die komische Oper üblicherweise nicht als typisches Genre höfischer Repräsentation galt. Die systematische Untersuchung konnte hier ein sehr differenziertes Bild entwickeln, wie unterschiedlich Höfe mit dem Genre umgingen und für welche Zwecke es zu welchem Zeitpunkt gebraucht wurde. Dabei konnte eine Zunahme von repräsentativen Opera buffa-Aufführungen in der zweiten Hälfte des Untersuchungszeitraums festgestellt werden. Das Projekt lieferte damit insgesamt neue Erkenntnisse in zahlreichen Belangen der Opernkultur des 18. Jahrhunderts, für die bislang nur punktuell Ergebnisse vorlagen. Dies betrifft Fragen von Mobilität, Netzwerken oder Operntruppen ebenso wie die weitreichenden Transformationsprozesse von Repertoire, Ensembles und höfischer Oper.

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung