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Die Sprachdynamik der prähistorischen Zentralanden

Antragsteller Dr. Matthias Urban
Fachliche Zuordnung Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Angewandte Sprachwissenschaften, Computerlinguistik
Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung von 2017 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 356787355
 
Ziel des Projekts ist, ein tieferes Verständnis der Sprachgeschichte der Zentralanden (Küste und Hochland des heutigen Peru und Bolivien) zu erschließen. Dabei ist ein übergeordnetes Anliegen, zu neuen Einsichten in die Dynamik dieses vorgeschichtlichen Kulturraums, der durch eine Jahrtausende alte Tradition komplexer Hochkulturen gekennzeichnet ist, beizutragen. Dabei werden die spezifisch andinen gesellschaftlichen und ökonomischen Organisationsformen als kultureller Hintergrund für die Sprachentwicklung stärker als bisher üblich berücksichtigt. Konkret werden zwei Fragestellungen untersucht: Es besteht Konsens, dass die beiden am weitesten verbreiteten Sprachfamilien der Zentralanden, die die Sprachgeschichte der Region entscheidend geprägt haben, Quechua und Aymara, durch ein profundes Kontaktverhältnis miteinander verwoben sind, das bis zu den jeweiligen Protosprachen zurückreicht. Szenarien zum soziolinguistischen Kontext, der derart ausgeprägte kontaktinduzierte Konvergenz bedingt haben könnte, sind jedoch wenig ausgereift. Ethnohistorische und ethnographische Befunde zeigen, dass in mindestens zwei Regionen Quechua und Aymara in sozioökonomische Spezialisierungen innerhalb vertikal integrierter andiner Gesellschaften eingebettet waren, wobei Viehhirten in den Hochlagen Aymara sprachen und tiefer siedelnde Ackerbauern Quechua. Im Projekt wird untersucht, ob aus diesen Befunden ein plausibles Modell für die vorgeschichtliche Interaktion zwischen Quechua und Aymarasprachen destilliert werden kann und für welchen geographischen Bereich es Gültigkeit behaupten könnte. Einer Schlüsselrolle hierbei wird dem toponymischen Befund, speziell der Frage, ob die Verteilung von Ortsnamen, die auf das Quechua resp. das Aymara zurückgehen, mit verschiedenen Höhenzonen korreliert, zukommen.In einem zweiten Projekt wird untersucht, inwiefern im Chachapoyasgebiet an der Ostabdachung der Anden in Nordperu eine Korrelation zwischen Topographie, archäologischen Gegebenheiten, und sprachlichen Unterschieden bestanden hat. Auch hier legt der vorläufige Befund nahe, dass sprachliche Differenzierung mit verschiedenen sozialen Identitäten innerhalb der vorkolumbianischen Chachapoyaskultur, die ein archäologisches Korrelat haben, Hand in Hand gingen.Zusammengenommen ergibt sich so die Möglichkeit einer signifikanten Rolle andiner Sprachen als Indices intragesellschaftlicher Unterscheidungen in der Vorgeschichte, die im Projekt untersucht werden.Die Relevanz ist in zweierlei Hinsicht als hoch zu bewerten: Zum einen leistet das Projekt einen signifikanten Beitrag, Leerstellen in der Theorie der andinen historischen Linguistik zu füllen. Zum anderen vermeidet es weitverbreitete Probleme an der Schnittstelle von Archäologie und Sprachwissenschaft und beschreitet neue Wege bei der Modellierung des Verhältnisses von archäologischen und sprachwissenschaftlichen Daten, die Relevanz über die spezifische Sprachgeschichte der Zentralanden hinaus haben.
DFG-Verfahren Emmy Noether-Nachwuchsgruppen
 
 

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