Detailseite
Projekt Druckansicht

Wissenspolitiken in der gegenwärtigen Regulierung der Prostitution in Deutschland

Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2017 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 343844810
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Forschungsprojekt untersuchte im theoretisch-methodologischen Rahmen der wissenssoziologischen Diskursanalyse Wissenspolitiken in der Verhandlung von Sexarbeit und der Regulierung von Prostitution in Deutschland seit Mitte der 1980er Jahre bis in die aktuellen Auseinandersetzungen. Das Projekt wurde als Quer- und Längsschnittuntersuchung konzipiert, die sich über verschiedene Ebenen der Diskussion um Regulierungen von Prostitution, polarisierte Diskurse und relevante Zeitpunkte der Debatten hinweg erstreckt. Anhand von Dokumenten aus politischen Debatten und Prozessen rund um die Regulierung von Prostitution sowie Interviews mit zentralen Akteur:innen der unterschiedlichen Regulierungsebenen (Bund, Länder, Kommunen) analysierte das Projekt die Dynamiken der Problematisierung bzw. Entproblematisierung von Sexarbeit und die daraus resultierenden institutionell-organisatorischen Bearbeitungsformen als wissenspolitische Konflikte, in denen die Konstitution von Faktenlagen mit (moralischen) Wertungen eng verbunden ist und die "gesellschaftliche Wirklichkeit der Sexarbeit" in spezifischer Weise entsteht. Zusammenfassend stellen wir die historische und transnationale Verwobenheit der Regulierung von Prostitution in Deutschland sowie die lokale Eigenwilligkeit regulativen Handelns heraus. Für die Verhandlung von Sexarbeit und deren Regulierung konnten dabei 1. inhaltliche, kategorisierende und wertbezogene Wissenspolitiken der Binarisierung, 2. das Sprechen über Akteur:innen und deren Koalitionen, das Handlungsfeld und die eigene Positionierung darin als wissenspolitische Verortungen und 3. konkrete wissenspolitische Strategien der Herstellung der "Wirklichkeit der Sexarbeit" in Form von Definitionen des Gegenstandes, dem Einsatz spezifischer Wissensformen und Ansätzen der Erzeugung von Resonanz, als bedeutsam identifiziert werden. Das Projekt zeigt eine ebenen- und koalitionsübergreifende wissenspolitische Struktur von Debatten um Sexarbeit und deren Regulierung auf. Auf diese Struktur wird durch die zentralen Akteur:innen der Verhandlung von Regulierungen der Prostitution situations- und positionierungsspezifisch Bezug genommen. Damit stellt die vorgenommene Analyse auch die Bedeutung lokalen, situationsspezifischen Handelns in der Auseinandersetzung mit übergeordneten Diskurs- und Dispositivstrukturen heraus. Deutlich wurde in den Analysen die Zentralität wissenspolitischer Binarisierungen in Debatten um Sexarbeit und eine 'gute' Regulierung von Prostitution. Darüber hinaus macht die Untersuchung in der Auseinandersetzung mit eingebrachten Wissensformen auf Politiken der selektiven Evidenzierung aufmerksam: Rezipiert und in Diskussionen eingebracht werden jeweils solche Wissensformen, die die eigene Argumentation mit Faktizität versehen. Für die Sexarbeits- und Prostitutionsforschung ergibt sich daraus die Notwendigkeit - sollen Studien nicht lediglich der Legitimation bestehender Diskurse dienen - Zwischentöne und Ambivalenzen verstärkt sichtbar zu machen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung