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Jahrgangsübergreifende Lerngruppen in der Grundschule - Hilfeverhalten und Interaktionen zwischen Kindern im 3. und 4. Schuljahr (JüLiG 3/4)

Fachliche Zuordnung Allgemeines und fachbezogenes Lehren und Lernen
Förderung Förderung von 2006 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 34200693
 
Erstellungsjahr 2008

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Zuge der Grundschulreform nach PISA und IGLU wurden in zahlreichen Schulen in Deutschland jahrgangsübergreifende Klassen eingeführt. Eine Grundannahme isl, dass damit die Heterogenität der Kinder als Chance genutzt werden kann, um miteinander und voneinander zu lernen. Dabei hal das gegenseitige Helfen einen besonderen Stellenwert. Empirische Studien, die die Berechtigung dieser Annahme stützen, sind jedoch kaum vorhanden. Im Mittelpunkt dieser qualitativen Beobachtungsstudie stehen die Hilfeprozesse zwischen Kindem in altersgemischten Klassen. Die Lernförderlichkeit gegenseitigen Helfens wird aus soziokultureller Perspektive (Wygotski 1987) und unter sozio-kognitiven Gesichtspunkten (Piaget 1972, Slavin 1993, Youniss 1994) begründet. Bei der Auswertung der Beobachtungsprotokolle wird deutlich, dass sich sowohl Kinder gleichen Alters als auch unterschiedlichen Alters gegenseitig helfen. Diese Hilfestellungen sind überwiegend als unproblematisch zu interpretieren. Kennzeichnend hierfür ist, dass Hilfe von Kindern angeboten wird oder Kinder um Hilfe bitten. Als problematisch erweisen sich Hilfestellungen, die aufgedrängt werden oder gegeben werden, ohne dass darum gebeten wurde. Daraus ist zu schließen, dass das Gelingen einer Hilfestellung insbesondere davon abhängt, inwieweit das Hilfe suchende Kind selbst entscheiden kann, ob und wann es Hilfe braucht oder nicht. Diese Entscheidungsmöglichkeit scheint den Verlauf einer Hilfesituation wesentlich zu beeinflussen. Da erbetene Hilfe nur im Ausnahmefall verweigert wurde, ist davon auszugehen, dass sich die um Hilfe gebetenen Kinder nicht gestört fühlen, sondern gerne und wie selbstverständlich helfen. Dass die beobachteten Kinder fähig sind, Hilfebeziehungen in gegenseitigem Einvernehmen zu gestalten, lässt auf einen hohen Stellenwert des gegenseitigen Helfens in den beobachteten jahrgangsgemischten Klassen schließen. Mädchen und Jungen stellen dabei nicht zwei völlig getrennte Gruppen dar, sondem helfen sich gegenseitig, auch wenn sich bei unseren Beobachtungen zeigte, dass sich die Kinder häufiger in gleichgeschlechtlichen als in gemischtgeschlechtlichen Konstellationen unterstützen. Auch in unserer Sludie wird deutlich, dass das Helfen überwiegend von älteren Kindem übernommen wird (vgl. Matz & Knauf 2003). Hier stellt sich die Frage, welche Lerngelegenheiten insbesondere jüngeren Kindern bereit gestellt werden könnten, damit auch ihnen ermöglicht wird, durch das Helfen zu lernen. Hinsichtlich der Qualität der Hilfestellungen ist nach der Auswertung der Protokolle festzustellen, dass die beobachteten Kinder über ein vielfältiges Repertoire verfügen, sich gegenseitig zu helfen: sie sagen sich nicht nur gegenseitig vor, sondern zeigen sich gegenseitig etwas, bestätigen sich, geben Hinweise und erklären Aufgaben. Daraus ist zu schließen, dass die Kinder in der Lage sind, sich lernförderlich zu helfen. In unserer Untersuchung fällt auf, dass im Vergleich zum Hinweisen das Erklären eher selten vorkommt, sodass sich die Frage stellt, inwiefern das Lernpotenzial, das im Erklären liegt, im Unterricht besser ausgeschöpft werden könnte. Den Aussagen der interviewten Lehrerinnen ist zu entnehmen, dass sie zwar implizit über Konzepte zum Helfens verfugen, diese aber im Unterrichtsgeschehen weniger konkretisiert werden. Daher ist zu vermuten, dass sich Kinder, die Anleitungen zum Helfen und Hilfe suchen bekommen, andere Kinder gezielter im Sinne des lernförderlichen Helfens unterstützen können. Hierzu wäre es erforderlich, mit den Lehrerinnen Strategien des Helfens und Hilfesuchens zu entwickeln und im Unterricht zu implementieren. Im Zusammenhang damil steht die Frage, welche Art der Unlerrichtsgestaltung dazu beiträgt, dass das Potenzial des gemeinsamen Lernens und gegenseitigen Helfens in altersgemischten Lerngruppen weiler ausgeschöpft werden kann. Hierzu ist ein Anschlussprojekl geplant.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2009): Die Gestaltung von Hilfeprozessen zwischen Kindern im jahrgangsgemischten Unterricht. In: Zeitschrift für Grundschulforschung. Bildung im Elementar- und Primarbereich, Bd. 3
    Wagener, Matthea
 
 

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