Zwischen heterogenen Lehrkulturen und berufspraktischen Ansprüchen: Fallrekonstruktionen zur universitären Ausbildungsinteraktion im Lehramtsstudium
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel des Forschungsprojekts war es, die unter historischer und institutioneller Perspektive umfassend thematisierte Sondersituation des Lehramtsstudiums aus einer interaktionistischen Perspektive in den Blick zu nehmen. Auf der Grundlage von Interaktionsprotokollen sollten Einblicke in den konkreten Alltag der Lehre der universitären Lehrer*innenbildung gewonnen werden. Dazu wurden Audioprotokolle von fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Lehrveranstaltungen (der Fachrichtungen Mathematik, Literaturwissenschaft und Biologie) und von erziehungswissenschaftlichen Lehrveranstaltungen erhoben und vollständig transkribiert. Insgesamt wurden 47 Protokolle an 18 Universitäten in 12 Bundesländern erhoben. Die Protokolle werden der wissenschaftlichen Nachnutzung über eine Forschungsdatenplattform (QualiBi) zur Verfügung gestellt. Forschungsleitend waren zwei grundlegende Hypothesen: • In besonderer Weise ist das Lehramtsstudium durch die lehrkulturelle Heterogenität seiner Studienbestandteile gekennzeichnet. • In besonderer Weise unterliegt die universitäre Lehre im Rahmen der Lehrer*innenbildung der Erwartung der Einlösung eines Praxisanspruchs. Die Ausgangshypothese des Projekts bestand darin, diese beiden Dimensionen der Besonderheit des Lehramtsstudiums als problemerzeugend zu konzipieren. Sowohl die lehrkulturelle Heterogenität als auch der Praxisanspruch wurden heuristisch als Stör- und Irritationspotentiale der Lehre angenommen. Bezüglich dieser Ausgangsfragestellungen können die Ergebnisse des Projekts folgendermaßen zusammengefasst werden: Die These der kommunikativen Heterogenität des Lehramtsstudiums hat sich zwar bestätigt. Allerdings konnte die These einer besonderen Belastung des Lehramtsstudiums durch diese Heterogenität am Datenmaterial nicht bestätigt werden. Dieser Befund ist insofern forschungslogisch bemerkenswert, als er in Kontrast zu einer zentralen Vorerwartung des Forschungsvorhabens steht. Die These der kommunikativen Irritation der Lehre durch den besonderen Praxisanspruch, der mit dem Lehramtsstudium verbunden ist, hat sich betätigt und konnte durch die empirischen Analysen präzisiert und ausdifferenziert werden. Von grundlegender Bedeutung war der empirische Befund, dass die Stör- und Irritationsanfälligkeit vor allem den diskursiven (an wissenschaftlicher Diskussion orientierten) Lehrstil betrifft, während der „doktrinale“ (an wissenschaftlicher Wissensvermittlung orientierte) Lehrstil sich als stabil und ‚selbstsicher‘ gezeigt hat. Dieser Befund war für uns überraschend. Er weist über die Frage des Lehramtsstudiums hinaus, insofern er weite Teile der universitären Lehre betrifft und verdient eine weitergehende empirische Erforschung.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2018): Bildungsanspruch und Interaktionswirklichkeit: Eine vergleichende Analyse der Interaktionsordnungen im klassenöffentlichen Unterricht und im universitärem Seminar, in: Kleeberg-Niepage, A./Rademacher, S. (Hrsg.): Kindheits- und Jugendforschung in der Kritik, Wiesbaden: Springer VS, S. 171-193
Wenzl, Thomas
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(2018): Praxisparolen. Dekonstruktionen zum Praxiswunsch im Lehramtsstudium. Wiesbaden: Springer VS
Wenzl, T., Wernet, A., & Kollmer, I.
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(2019): Die Unwahrscheinlichkeit der Kohärenz. Mikrologische Untersuchungen der Struktur kommunikativer Anschlüsse im universitären Seminardiskurs. In: Tyagunova, T. (Hrsg.): Studentische Praxis und universitäre Interaktionskultur. Perspektiven einer praxeologischen Bildungsforschung. Wiesbaden: Springer VS, S. 29-56
König, Hannes
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(2019): Die Vorlesung: Zur Bildungsbedeutsamkeit eines vielkritisierten Lehrformats, in: sozialer sinn 20 (2), S. 293-312
Wenzl, Thomas
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(2019): Von Papas, Brüdern und Cousinen. Zum Problem lebensweltlicher Bezugnahmen in der erziehungswissenschaftlichen Lehre, in: Tyagunova, T. (Hrsg.): Studentische Praxis und universitäre Interaktionskultur. Perspektiven einer praxeologischen Bildungsforschung, Wiesbaden: Springer VS, S. 11-27
Wenzl, Thomas
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(2019): Ärzte, Anwälte – Lehrer? Erkenntnisorientierung als spezifischer Berufsbezug des Lehramtsstudiums, in: Scheid, C./Wenzl, T. (Hrsg.): Wieviel Wissenschaft braucht die Lehrerbildung? Zum Stellenwert von Wissenschaftlichkeit im Lehramtsstudium, Wiesbaden: Springer VS, S. 171-214
Wenzl, Thomas
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(2020): Streit um Inklusion oder Über Anspruch und Wirklichkeit pädagogischer Überzeugungsarbeit in der (inklusiven) Lehrer*innenbildung, in: Fabel-Lamla, M./Kunze, K./Moldenhauer, A./Rabenstein, K. (Hrsg.): Kasuistik – Lehrerbildung – Inklusion. Empirische und theoretische Verhältnisbestimmungen, Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 76-90
König, Hannes/Wenzl, Thomas
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(2020): Studium im Praktikum – Zur Struktur und Funktion des Schulpraktikums im Lehramtsstudium. In:falltiefen. Beiträge aus der kasuistischen Lehrerbildung am Institut für Erziehungswissenschaft. Heft 6, S. 79-82
König, Hannes
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(2021): Unpraktische Pädagogik. Untersuchungen zur Theorie und Praxis erziehungswissenschaftlicher Lehre. Wiesbaden: Springer VS
König, Hannes
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(2021): Zur Heterogenität des Lehramtsstudiums in Deutschland: Interaktionsanalysen universitärer Lehrkulturen. In: Casale, R./ Ferrari, M./Morandi, M./Windheuser, J. (Hrsg.): Kulturen der Lehrerbildung in der Sekundarstufe in Italien und in Deutschland. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 225-243
Kollmer, Imke/König, Hannes/Wenzl, Thomas/Wernet, Andreas
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(2021): Zwischen Professionswissen und Berufspraxis? Die erziehungswissenschaftliche Kasuistik im Lichte der Fallarbeit im Studium der Jurisprudenz und der Medizin, in: Wittek, D./Rabe, T./Ritter, M. (Hrsg.): Kasuistik in Forschung und Lehre – erziehungswissenschaftliche und fachdidaktische Ordnungsversuche. Bad Heilbrunn: Klinkhardt, S. 281-298
Wenzl, Thomas