Himmelskompass-Kodierung in Zentralkomplexneuronen der Wüstenheuschrecke unter freiem Himmel
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Der Zentralkomplex im Gehirn der Wüstenheuschrecke enthält ein Netzwerk an Neuronen, die Himmelskompass-Signale verarbeiten und mithilfe dieser Information die räumliche Orientierung der Tiere kontrollieren. Da es unter Laborbedingungen nahezu unmöglich ist, Kompasssignale des Himmels (Position der Sonne, Intensitäts- und Farbgradient, Polarisationsmuster des blauen Himmels) realitätsnah nachzuahmen, sollte untersucht werden, wie polarisationsempfindliche Neurone des Zentralkomplexes reagieren, wenn das Tier dem freien Himmel ausgesetzt wird. Es zeigte sich in den bisherigen Versuchen, dass Neurone, die einen doppeldeutigen Winkel relativ zur Orientierung eines Polarisationsfilters (180° Periodizität) bevorzugen, unter freiem Himmel eine eindeutige Winkelpräferenz relativ zur Sonnenposition haben. Das könnte bedeuten, dass die Neurone das Polarisationsmuster über den gesamten Himmel integrieren, vermutlich aber auch die Position der Sonne direkt auswerten. Unter Laborbedingungen konnten wir in der Tat zeigen, dass die Neurone das Polarisationsmuster über den gesamten Himmel in Form eines angepassten Filters integrieren und daraus die Position der Sonne berechnen können, falls diese nicht sichtbar ist. Die so berechneten Sonnenpositionen sind im Zentralkomplex wie in einem Kompass abgebildet, der den gesamten Bereich von 360° um das Tier herum kodiert. Damit fügen sich diese neuen Befunde mit unseren bisherigen Daten zu einem stimmigen Gesamtbild zusammen, in dem der Zentralkomplex sich ergänzende Signale aus dem gesamten Himmel kombiniert und daraus eine kompassartige Repräsentation von Himmelsrichtungen erstellt. In einem weiteren Teilprojekt wurden Neurone kartiert, über die die Signale des Gehirns das Verhalten der Tiere steuern. Wegen der aufwändigen Versuchsaufbauten konnten bisher noch keine Ergebnisse aus dem Projekt veröffentlicht werden, mindestens drei Veröffentlichungen sind aber in Vorbereitung. Die Daten könnten interessant für autonom navigierende Flugobjekte wie Drohnen oder selbstfahrende Autos isein, die mithilfe eines nach dem Insektenvorbild konstruierten internen Himmelskompasses unabhängig von Satelliten-gestützten Systemen navigieren könnten.