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Die Translozierung als Mittel der Stadtgestaltung

Fachliche Zuordnung Architektur, Bau- und Konstruktionsgeschichte, Bauforschung, Ressourcenökonomie im Bauwesen
Förderung Förderung von 2016 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 324472956
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt hatte zum Ziel, Gebäudeversetzungen während der Wiederaufbauzeit in Deutschlands Großstädten zu untersuchen. Die Frage war Welche Rolle spielten Translozierungen im Wiederaufbau? In 16 von 55 Großstädten (Stichjahr 1950) sind Translozierungen aus Stadtbildgründen nachweisbar. Translozierung war ein oft genutztes Mittel der Altstadtgestaltung im späten 19. und fast im gesamten 20. Jahrhundert: sie war kein Kuriosum und sie war kein deutsches Phänomen. Sie gehörte ganz selbstverständlich zum Maßnahmenkatalog der Stadtplaner und Denkmalpfleger in Europa. Letztere sahen von Beginn an darin ein Hilfsmittel, eine Rettungstat für den alten Baubestand und ganz besonders für das alte Stadtbild. Es ist der Ausdruck des Festhaltens an der Tradition in Zeiten starken Wachstums und raumgreifender Veränderung der Innenstädte. Zum großflächigen und systematischen Einsatz kam die Translozierung als Idee bei den Stadtumbauten der 1930er und in der Umsetzung im Wiederaufbau nach 1945 in westdeutschen Großstädten, in ostdeutschen Städten konnte dies nicht beobachtet werden. Die Untersuchung städtebaulicher Leitbilder macht deutlich, dass bis in die 1970er Translozierungen als gleichberechtigte städtebauliche Methode neben Anpassungsneubau, Platzrekonstruktion und Arkadenbauweise als Antwort auf die Verkehrsgerechtigkeit gesehen wurde. Vor allem die Stadtsanierungen ab den 1960er Jahren mit den Flächenabrissen boten Raum für reorganisierte Stadtbereiche, in denen die Originalsubstanz als Historizitäts- und Authentizitätsanker die städtische Identität binden sollte. Nicht selten kamen die Vorschläge hierzu aus den Reihen der amtlich bestellten Denkmalpfleger. Seit den 1980ern ist es kaum noch zu großflächigen Gebäudeversetzungen aus Stadtbildgründen gekommen. Staatliche Regelungen, die Besinnung auf den Substanzerhalt und der weitgehende Abschluss des Wiederaufbaus können als Gründe dafür angesehen werden. Hinzu kommt eine wesentlich stärkere Wertung der Baugeschichte des einzelnen Gebäudes, dass in all seinen Spuren erhalten werden soll. Die beobachtete lange Phase innerstädtischer Translozierungen sollte deshalb als abgeschlossen gelten. Der Denkmalwert der translozierten Bauten hat sich durch die bewusste Entscheidung für eine Rettung wenigstens der Substanz verfestigt. Die Gebäude werden zu einem integralen Bestandteil des Stadtbildes und ihrer Umräume. Darauf sollten zukünftig Stadtplanung und Denkmalpflege gleichermaßen Rücksicht nehmen. Die Ergebnisse des Projektes können vor allem für die denkmalpflegerische Inventarisation und die Behandlung der translozierten Gebäude als Denkmäler im Rahmen des Verwaltungshandelns nützlich sein. Aus dem Projekt sind europäische Kooperationen entstanden und weitere Forschungsideen, die in zukünftigen Projekten untersucht werden sollen. Gerade die Altstadtareale unserer Städte sind ein verbindendes Element, über Vergleiche und Forschungen werden die jeweiligen Qualitäten einer Planung offensichtlich, und das Verständnis für eine Zeit und ihre Entscheidungen kann wachsen. Unsere Forschung hat aber auch aufgezeigt, dass es vor allem im Bereich der Mittel- und Kleinstädte Nachholbedarf bei der Analyse von Stadtbildgenese und gezielter Planung der Altstadtbereiche gibt.

 
 

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