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Die Verarbeitung von Konsonanten und Vokalen im frühen Spracherwerb aus sprachentwicklungs- und sprachvergleichender Perspektive

Antragstellerin Dr. Silvana Schmandt
Fachliche Zuordnung Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung Förderung von 2017 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 322167565
 
Es gibt zahlreiche Evidenz für die Hypothese von Nespor et al. (2003), dass Konsonanten bedeutsamer als Vokale für die Wortverarbeitung sind (K-bias). Doch obwohl dieser K-bias möglicherweise sehr stabil im Erwachsenenalter über verschiedene Sprachen hinweg ist, könnte seine Entstehung sprachabhängig sein, da Unterschiede zwischen verschiedenen Sprachen im Kindesalter gefunden wurden. Während für Französisch lernende Kinder dieser K-bias zuverlässig ab einem Alter von 8 Monaten nachgewiesen werden konnte, zeigte er sich erst ab einem Alter von 30 Monaten bei Englisch lernenden Kindern. Darüber hinaus zeigten 20-monatige Deutsch lernende Kinder keinen Unterschied und Dänisch lernende 20-Monatige zeigten sogar einen Verarbeitungsvorteil von Vokalen. Diese gefundenen Unterschiede zwischen den Sprachen legen nahe, dass der lexikalische K-bias erworben wird, was wiederum die ursprüngliche Annahme in Frage stellt, dass es sich um einen sprachunabhängigen, möglicherweise angeborenen Verarbeitungsvorteils von Konsonanten handelt. Allerdings ist noch immer unklar, welche sprachspezifischen Eigenschaften das Auftreten des K-bias beeinflussen. Das hier vorgestellte krosslinguistische Projekt beabsichtigt deswegen, den potentiellen Einfluss des Sprachinputs auf die Entstehung und den zeitlichen Verlauf des K-bias genauer zu ergründen, indem es die Performanz von Deutsch- und Französisch lernenden Kindern unterschiedlichen Alters in unterschiedlichen lexikalischen Aufgaben systematisch miteinander vergleicht. Beide Sprachen unterscheiden sich hinsichtlich mehrerer Eigenschaften, die sehr wahrscheinlich das Verarbeiten von Konsonanten und Vokalen beeinflussen: das Konsonant-Vokal Verhältnis (Deutsch: 25:15; Französisch: 17:15), die rhythmische Struktur (Deutsch: akzentzählend; Französisch: silbenzählend), das Vorhandensein von Wortbetonung (Deutsch: ja; Französisch: nein), das Unterscheiden von gespannten und ungespannten Vokalen (Deutsch: ja; Französisch: nein), usw.. Es werden Daten von Deutsch- und Französisch lernenden Kindern von der Geburt bis zum Alter von 20 Monaten in Potsdam und Paris erhoben. Alle Aufgaben testen, wie Vokale und Konsonanten auf verschiedenen lexikalischen Ebenen verarbeitet werden: Die Aufgaben 1-2 untersuchen das Verarbeiten von Wortformen ohne Bedeutung und die Aufgaben 3-5 das Verarbeiten von bekannten Wörtern. Die beschriebenen Studien werden unter Nutzung von behavioralen (HPP, Eye-tracking), elektrophysiologischen (EEG) und bildgebender Methoden (NIRS) durchgeführt. Unsere Ergebnisse werden wichtige Erkenntnisse darüber liefern, was die Entstehung und den zeitlichen Verlauf des K-bias im frühen Kindesalter beeinflusst. Es wird neue Einsichten über die Interaktion von angeborenen Wahrnehmungskapazitäten und Sprachinput gewinnen, indem es die unterschiedlichen Rollen von Konsonanten und Vokalen direkt nach der Geburt erforscht und die sprachunabhängigen und sprachspezifischen Aspekte für die Entstehung des K-Bias ermittelt.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Frankreich
Kooperationspartner Professor Thierry Nazzi, Ph.D.
 
 

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