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Der Ursprung der Odorant-Rezeptoren in Insekten

Antragsteller Dr. Michael Thoma
Fachliche Zuordnung Biologie des Verhaltens und der Sinne
Biochemie und Physiologie der Tiere
Evolution, Anthropologie
Förderung Förderung von 2016 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 319280168
 
Insekten nehmen ihre chemische Umgebung mithilfe von Mitgliedern dreier Genfamilien - Ionotropen Rezeptoren (IRs), Gustatorischen Rezeptoren (GRs) und Odorant-Rezeptoren (ORs) - wahr. Während die IRs ihren Ursprung bei den Protostomiern haben und entfernte Verwandte von GRs im Placozoon Trichoplax adherens und in Pflanzen nachgewiesen werden konnten, stellen ORs eine Insekten-spezifische Genfamilie mit bis zu 400 Genen in einigen Arten dar. Weil IRs - zumindest in Drosophila melanogaster, wo sie zuerst beschrieben wurden - hauptsächlich wasserlösliche Stoffe wie Säuren und Amine detektieren und die meisten GRs als Kontakt-Chemorezeptoren betrachtet werden, wurde vorgeschlagen, dass ORs durch die Ermöglichung der Wahrnehmung wasserunlöslicher flüchtiger Substanzen eine Anpassung an den terrestrischen Lebensraum darstellen. Allerdings wurde diese Hypothese kürzlich infrage gestellt, da in Archaeognatha, primär flügellosen basalen Insekten, keine ORs nachgewiesen werden konnten. Diese Beobachtung legt nahe, dass ORs eine Anpassung an die spezifischen Anforderungen der Geruchswahrnehmung im Flug darstellen könnten. Der OR-Signaltransduktionskomplex geflügelter Insekten ist ein Heteromultimer von ORs, die Ligandenspezifität vermitteln, und dem hochkonservierten und ubiquitär exprimierten Co-Rezeptor ORCo, für den bisher noch keine Liganden-bindende Funktion nachgewiesen wurde. Obwohl das Ofenfischchen Thermobia domestica keine ORs exprimiert, wurden in antennalen Transkriptomen dieser Art drei ORCo-Paraloge nachgewiesen. Der gemeinsame Vorfahre von Zygentomen (Fischchen) und geflügelten Insekten besaß also wahrscheinlich zumindest eine Kopie dessen, was einmal der universale Co-Rezeptor der ORs werden sollte, ohne jedoch über Liganden-bindende ORs zu verfügen. Um dieses Paradoxon aufzuklären, werden wir antennale Trankriptome von Vertretern aller Zygentom-Familien sequenzieren und so das evolutionäre Szenario rekonstruieren, das zur Triplikation von ORCo in T. domestica führte. Da ORs einschließlich ORCo vermutlich eine Unterfamilie der GRs sind, ist es wahrscheinlich, dass der ursprüngliche ORCo eine Liganden-bindende chemosensorische Funktion erfüllte, welche in geflügelten Insekten verlorenging, in Zygentomen jedoch noch erhalten sein könnte. Um diese Hypothese zu testen, werden wir identifizierte ORCo-Paraloge in Zellkultur exprimieren und mithilfe eines großen Sets an Düften, die vermutlich im natürlichen Habitat der Zygentomen vorhanden sind, auf eine chemosensorische Funktion hin untersuchen. Durch die Kombination von transkriptomischer Analyse und funktionaler Charakterisierung hoffen wir, die ersten Schritte in der Evolution einer der größten Genfamilien in Insekten und einer der Schlüsselinnovationen zu verstehen, die es Insekten ermöglicht, chemische Information zur Navigation im Flug zu nutzen.
DFG-Verfahren Forschungsstipendien
Internationaler Bezug Neuseeland
 
 

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