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Magnetfeld-sensitives flexibles drahtloses Kommunikationssystem

Fachliche Zuordnung Elektronische Halbleiter, Bauelemente und Schaltungen, Integrierte Systeme, Sensorik, Theoretische Elektrotechnik
Experimentelle Physik der kondensierten Materie
Herstellung und Eigenschaften von Funktionsmaterialien
Förderung Förderung von 2017 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 318612841
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Ziel dieses Projekts ist, den Einfluss mechanischer Spannungen auf die Magnetotransporteigenschaften magnetischer Dünnschichtsysteme zu untersuchen. Durch die gemeinsamen Bemühungen zweier Teams (Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und Johannes-Gutenberg-Universität Mainz) erforschen wir grundlegende Veränderungen der spintronischen und spin-orbitronischen Eigenschaften von dünne Schichten unter mechanischer Belastung. Um die grundliegenden physikalischen Effekte zu verstehen, haben wir eine detaillierte Untersuchung der Spin-Bahn-Drehmomente (feldähnliche und dämpfungsähnliche Drehmomente) in magnetischen Heterostrukturen durchgeführt, welche auf Piezoaktuatoren hergestellt wurden. Dabei zählt zu den wichtigsten Ergebnissen, unter anderem der Nachweis, dass die Größe der strominduzierten Spin-Bahn-Drehmomente in dünnen senkrecht magnetisierten CoFeB-Filmen durch piezoelektrische Spannungen, die durch ein elektrisches Feld erzeugt werden, eingestellt und sogar signifikant erhöht werden kann. Mithilfe theoretischen Berechnungen konnten wir zeigen, dass das subtile Zusammenspiel von Spin-Bahn-Kopplung, Kristallsymmetrie und Orbitalpolarisation der Entscheidendste der beobachteten mechanischen Spannungsabhängigkeit der Spin-Bahn-Drehmomente ist. Die spannungsabhängigen Effekte sind sehr empfindlich gegenüber der Reihenfolge der Lagen, da wir beispielsweise zeigen konnten, dass in einem Ta/CoFeB/Ta/MgO-Stapel das dämpfungsähnliche Drehmoment sehr klein ist und die mechanische Spannung zu einer erheblichen Änderung des feldähnlichen Drehmoments führt. Wir erklären das beobachtete Verhalten durch eine kombinierte Wirkung, der strominduzierten Reduzierung der magnetischen Anisotropie, welche durch die erzeugte mechanische Spannung unterschiedlicher Symmetrie unterstützt oder dagegen wirkt. Auf der Seite der Grundlagenphysik haben wir der Untersuchung des Einflusses der geometrischen Krümmung auf die Magnetisierungsumkehr in gekrümmten Streifen und dünnen Filmen große Aufmerksamkeit gewidmet. Eine der wichtigsten Errungenschaften ist die experimentelle Bestätigung, dass die Auswirkungen der geometrischen Krümmung zu einem Pinning magnetischer Domänenwände an lokalen Biegungen führen. Es konnte hierbei gezeigt werden, dass der physikalische Ursprung dieses Pinnings mit der krümmungsinduzierten Dzyaloshinskiy-Moria-Interaktion (DMI) zusammenhängt. Diese Erkenntnisse stellen die erste experimentelle Validierung der Eckpfeilervorhersage der Theorie des krummlinigen Magnetismus dar - nämlich die Entstehung der krümmungsinduzierten chiralen Wechselwirkung, die von der Austauschwechselwirkung hervorgerufen wird. Dieses grundlegende Verständnis der Auswirkungen von mechanischen Spannung und geometrischer Krümmung auf die Magnetotransporteigenschaften und das Schaltverhalten magnetischer Dünnschichten ist entscheidend für die Optimierung mechanisch flexibler und dehnbarer Magnetfeldsensoren. Tatsächlich führt Pinning zu einer Erhöhung des Koerzitivfeldstärke, was die Empfindlichkeit der Magnetfeldsensoren insbesondere in einem niedrigen Feldbereich beeinträchtigen könnte. Ausgehend von dem gewonnen Know-how des Spannungseinflusses auf die magnetischen Eigenschaften haben wir uns daher intensiv mit der Realisierung von flexiblen Magnetfeldsensoren (Spinventilsensoren und anisotrope Magnetowiderstandssensoren) und der Untersuchung ihrer mechanischen Stabilität gegen statische und dynamische Biegeversuche beschäftigt. Diese Aktivitäten führten zur ersten Realisierung eines mechanischen, flexiblen und elektronischen Kompasses, welcher im Erdmagnetfeld betrieben werden kann und erfolgreich als neuartige Mensch-Maschine-Schnittstelle für Virtual-Reality-Anwendungen eingesetzt wurde. Darüber hinaus haben wir die erste magnetorezeptive Sensorplattform für berührungslose interaktive Elektronik auf der Haut entwickelt, die auf flexiblen senkrecht magnetisierten Spinventilsensoren basiert. Dabei können, Abhängig von den Materialeigenschaften des verwendeten „Auf der Haut“-Schalters, die virtuellen Funktionen unempfindlich sein oder durch magnetische Umgebungsreize gesteuert werden. Die im Rahmen dieses DFG-Projekts gewonnenen Ergebnisse lieferten eine hervorragende Grundlage für das Verständnis der mechanischen Spannungs- und Krümmungseffekte in niedrigdimensionalen magnetischen Architekturen. Aus diesem Know-how entstanden neue Ideen, die es ermöglichten, Drittmittel zur Weiterführung dieser Forschung einzuwerben, darunter Projekte, die über das BMBF, BMWi, die DFG sowie durch die EU finanziert wurden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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