Numerische Analyse der Materialunsicherheiten in Bauteilen mit mikroheterogenem Anteil
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Potential von mikroheterogenen Materialien kann nur vollständig ausgenutzt werden, wenn nicht nur durch Optimierung der Herstellungsprozesse die auftretende Streuung im effektiven Materialverhalten weiter reduziert werden kann, sondern auch Bewertungskonzepte entwickelt werden, die auf die Eigenschaften derartiger Materialien abgestimmt sind. Feste Schäume weisen aufgrund ihres geringen spezifischen Gewichts bei zugleich verhältnismäßig hohen Steifigkeitswerten interessante Eigenschaften für Leichtbaukonstruktionen auf. Beliebige Geometrien können ausgeschäumt werden, jedoch wird auch bei idealen Prozessbedingungen ein Schaum immer aus Material- und Hohlraumanteilen bestehen. Zur Bewertung solcher Bauteile mit mikrostrukturellem Anteil sind rein deterministische Berechnungskonzepte nur bedingt geeignet. Große erforderliche Sicherheitsbeiwerte führen zu einer schlechten Materialausnutzung. Gewichtsreduzierung sowie Ressourcenschonung sind heutzutage jedoch essentiell. Durch Entwicklung und Einsatz von probabilistischen Methoden kann der Einfluss streuender Mikrostruktureigenschaften auf das effektive Materialverhalten bestimmt werden. Bei zellulären Strukturen können Zellgröße, -form und -orientierung variieren. Zudem können Materialanhäufungen sowie Defekte auftreten. Durch eine Mikrostrukturcharakterisierung können diese Größen und ihre Streubandbreiten ermittelt werden. Insbesondere wird das Auftreten herstellungsbedingter Anisotropie in aufgeschäumten Sandwichplatten auf das effektive Materialverhalten untersucht. Aus diesem Grund wird eine Vielzahl an würfelförmigen Proben aus einem Sandwichschaumkern entnommen. Position und räumliche Orientierung werden dokumentiert und es erfolgen Druckprüfungen in drei Raumrichtungen, um herstellungsbedingte mikrostrukturelle Anisotropie aufzudecken. Die gewonnenen Spannungs-Dehnungs- Kurven sind erwartungsgemäß abhängig von der relativen Dichte des Prüfkörpers und es zeigt sich eine prüfrichtungsabhängige Anisotropie. Durch vorherige Dokumentation der Mikrostruktur an den Probenoberflächen zeigt sich deutlich, dass das Versagen maßgeblich von den angeschnittenen und damit geschädigten Zellen an der Probenoberfläche dominiert wird. In realen Sandwichstrukturen hat die flächige Mikrostruktur jedoch eine sich selbst stützende Wirkung. Der Unterschied wird durch eine Finite- Elemente-Rechnung einer würfelförmigen Schaumprobe mit freien bzw. periodischen Randbedingungen aufgezeigt. Die Modellgenerierung basiert auf der experimentell gewonnenen Mikrostrukturdatenbasis. Durch eine Weiterentwicklung des für die Zellstrukturgenerierung bekannten Voronoï-Verfahrens können Zellmodelle mit einer anisotropen Mikrostrutkur erzeugt werden. Durch Parametervariation lässt sich eine Vielzahl verschiedenartiger Mikrostrukturen realisieren. Der Mikrostruktureinfluss auf die effektiven Materialeigenschaften wird durch Aufbringung verschiedener Lastfälle und einer zellbasierten Auswertung ermittelt. Streuung und Korrelation können bestimmt werden und sind entscheidende Eingangsgrößen für die Modellerzeugung größerer Bauteile, in denen der mikrostrukturelle Anteil durch eine Zufallsfelddiskretisierung abgebildet wird. Die nicht reale Abbildung der Mikrostruktur steigert die numerische Effizienz erheblich und liefert zugleich ein anwenderfreundliches probabilistisches Berechnungskonzept. Sandwichbalken mit zwei verschiedendicken Kernen wurden experimentell unter 4-Punkt-Biegung belastet und zugleich mit variierenden Mikrostrukturen modelliert. Die numerischen Berechnungen der 4-Punkt-Biegebelastung zeigen in Abhängigkeit von den Sandichkerndicken den Einfluss von Zellgröße, -form und -orientierung auf das makroskopische Bauteilverhalten auf. Durchgeführte Vergleichsrechnungen mit homogenen Kerneigenschaften zeigen, dass rein deterministische Berechnungskonzepte den streuenden Einfluss der Mikrostruktur nicht widergeben können und das effektive Materialverhalten signifikant unterschätzt wird. So ist für die Auslegung von Bauteilen mit mikrostrukturellen Anteilen die Anwendung eines probabilistischen Bewertungskonzepts zu empfehlen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
A probabilistic model for solid foams with anisotropic microstructure; 5th International Conference on Mechanics of Composites; Lissabon (Portugal); 1.-4. Juli 2019
Beckmann, C. und Hohe, J.
-
Charakterisierung und Modellierung anisotroper Schäume; Fraunhofer-IWM-Jahresbericht 2020
Beckmann, C. und Hohe, J.
-
Experimental and numerical analysis of scatter and anisotropy in closed-cell all-aluminum sandwich core material; 6th International Conference on Cellular Materials; Web-Conference; 7.-9. Oktober 2020
Hohe, J., Ajvazi, I. und Beckmann, C.