Schädigende Ettringitbildung durch Schichtsilikate als Ursache für Expansionsschäden an Boden-Bindemittel-Gemischen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die Aluminiumquelle für eine Ettringitbildung mit schädigender Volumenexpansion stellen die Schichtsilikate (Tonminerale) im Baugrund dar – damit finden die Literaturangaben eine Bestätigung. Der Grad der Aluminiumfreisetzung aus den Böden ist in Abhängigkeit von Feuchtegehalt, pH-Wert, Lösungszeit und Temperatur zu sehen. Die Lösung der Al-Ionen korreliert nicht mit dem Ausgangsaluminiumgehalt der Böden. Die Wahrscheinlichkeit einer späten Ettringitbildung nimmt mit der qualitativen und quantitativen Tonmineralzusammensetzung der Böden in der Tendenz der Hauptbeteiligung ab: Kaolinit > Smectit / illitisch- und chloritisch-smectitische Mixed-Layer-Minerale > Muskowit. Dies konnte übereinstimmend durch Lösungsversuche und Ettringitsynthese aus den Böden sowie durch Lösungsversuche aus Boden-Bindemittel-Gemischen festgestellt werden (Chlorit reiht sich nach Ergebnissen der Vorversuche zur Ettringitsynthese für die Projektantragstellung nach Kaolinit und Smectit bzw. zwischen diese ein). Die Tonminerale greifen in die Reaktionen des Boden-Bindemittel-Systems während der Hydratation ein. Dies ist an der Wärmeentwicklung und der Wärmeentwicklungsrate sowie an Mineralphasenneubildungen in Abhängigkeit von der Hydratationszeit erkennbar. Die Beteiligung weist eine tendenzielle Abhängigkeit vom überwiegenden Tonmineralbestand aus, die oben benannter Reihe folgt. Eine Ettringitbildung in relevanten Größenordnungen, die zu Schäden führen kann, ist in pH- Wert-Bereichen von 11,7 bis 13,9 (aus der OH-Ionenkonzentration der Lösungsversuche berechnet) halbquantitativ nachweisbar. Eine quantitative Berechnung der Phasengehalte der Boden-Bindemittel-Gemische nach der Methode der Rietveld-Verfeinerung ist für die vorliegenden Systeme, in denen die beteiligten Schichtsilikate aus Tonmineralgemischen bestehen, zur Zeit noch nicht zutreffend möglich, da bisher keine geeigneten Strukturmodelle für quellfähige Tonminerale (Mixed-Layer-Tonminerale und Smectitgruppe) vorliegen; hier sind noch weitere wissenschaftliche Untersuchungen erforderlich. Die Ettringitbildung wurde in Korrelation zu den aus den Ionenkonzentrationen der Lösungsversuche ermittelten Ergebnissen mit thermodynamischen Berechnungen über die Lösungsaktivitäten bestätigt. Quellrahmenversuche an Prismen über 28 Tage ergaben Quellmaße von 0,7 bis zu 2,6 mm/m. Die größten Quellmaße bringt der muskowitisch/illitische und illitisch- und chloritischsmectitische Wechsellagerungsminerale führende Boden (KGM), gefolgt von kaolinitisch muskowitisch-chloritischen Böden mit bis zu 1,6 mm/m. Im Rahmen von Langzeitquellversuchen wurden Quellraten und Quelldehnungen an Boden-Bindemittel-Mischungen im Alter von 7 Tagen bis maximal 180 Tagen erfasst. Die Quelldehnungen liegen mit im Mittel maximal 0,24 % in etwa in der gleichen Größenordnung wie die Ergebnisse aus den Quellrahmenversuchen. Eine tendenzmäßige Übereinstimmung zu den röntgenografisch ermittelten Ettringitanteilen ist gegeben. Es gibt jedoch keine klare Übereinstimmung zu den gefundenen Abhängigkeiten der Ettringitbildung von den Tonmineralbeteiligungen. Danach hätte von den untersuchten Böden der kaolinitisch-muskowitisch-chloritische Boden die höchsten Quellmaße erreichen müssen. Insbesondere bei den Quellrahmenversuchen ergibt sich das Quellmaß aus der Ettringitbildung einerseits, sowie aus Quellen und Schwinden der beteiligten Tonminerale in Abhängigkeit vom Feuchteangebot andererseits. Eine Trennung der Anteile der Volumenvergrößerung durch Ettringitbildung und der durch Tonmineralquellen eingebrachten Anteile ist hier bislang nicht möglich. Durch die Langzeitquellversuche wird der Einfluss des Tonmineralquellens auf die Ergebnisse minimiert. Die Ergebnisse der Langzeitquellversuche zur Bestimmung des Quelldruckes ergaben, dass Quelldrücke bis zu 80 kN/m² auftreten können. Dies steht in guter Übereinstimmung mit den Ergebnissen aus einer durch Ettringitbildung geschädigten Düsenstrahlunterfangung, bei der an in-situ-Proben im Labor unter gleichen Randbedingungen Quelldrücke bis zu 110 kN/m² gemessen wurden. Im Rahmen der Reihenuntersuchungen zu den Materialeigenschaften der Boden-Bindemittel-Gemische konnten keine aussagekräftigen Korrelation zwischen den Festigkeitsparametern und den Quelldrücken und Quelldehnungen gefunden werden, so dass davon auszugehen ist, dass die Ettringitbildung nicht durch die gezielte Beeinflussung der Materialstruktur verhindert werden kann. Die Modellversuche zur Temperaturentwicklung infolge Hydratation haben gezeigt, dass der im Boden-Bindemittel-Gemisch vorhandene Temperaturanstieg den umgebenden Baugrund mit erwärmt. Die Wärmeabstrahlung reichte in den Modellversuchen bis zum rund 1,5-fachen der Säulenhöhe. In diesem Bereich kommt es zu Milieuveränderungen, die sich wiederum auf das Lösungsverhalten der Tonminerale auswirken können. Zur Abschätzung einer möglichen Ettringitschädigung wird in Auswertung der hier vorgelegten Ergebnisse vorgeschlagen, die schichtsilikathaltigen Schichten chemisch-mineralogisch zu analysieren. Bisher liegt der Fokus bei tonmineralhaltigen Böden lediglich auf den Quelleigenschaften der Tonminerale selbst. Diese werden üblicherweise zunächst über die Bestimmung des Wasseraufnahmevermögens als Indexwert nach DIN 18 132 bestimmt. Dies ist jedoch für das Erkennen des hier untersuchten Schadenspotenzials nicht ausreichend. Vielmehr sind zusätzliche Untersuchungen erforderlich: • Bestimmung von Al3+ durch Lösungsversuch in einem Schnelltest. Dieser beinhaltet Schütteln der repräsentativen Bodenmischprobe in deionisiertem Wasser und in pH- Lösung (pH-Wert 13,6) über 12 h mit anschließender Ermittlung der Ionenkonzentrationen des Eluates mittels ICP, • qualitative und halbquantitative Ermittlung der beteiligten Tonminerale über Röntgendiffraktometrie. Diese Analytik ermöglicht Aussagen zur Reaktivität der im Boden enthaltenen Tonminerale. Um einen Schaden weitgehend ausschließen zu können, ist als Präventivmaßnahme im schichtsilikathaltigen Baugrund bei Vorhandensein der gefährdenden Tonminerale ein wenig gefährdendes Bindemittel zu wählen. Dabei ist darauf zu achten, dass keine lösungsbereiten Al3+-Anteile und erhöhte SO32--Anteile aus Zusatzstoffen im Bindemittel enthalten sind. Die Bereitstellung der Al3+-Ionen bei der Baugrundverbesserung aus dem Boden ist in Abhängigkeit zu den tatsächlich herrschenden Umgebungsbedingungen (Feuchte, pH-Wert, Temperatur) über die Zeit zu sehen. Diese Bedingungen konnten mit den angewandten Versuchen noch nicht ausreichend modelliert werden: Die derzeit labortechnisch zur Verfügung stehenden Apparaturen zur Bestimmung von Quelldruck und Quellmaß sind nur eingeschränkt geeignet, da die Einflüsse durch Seitenreibung und Auflast die Ergebnisse bei kleinen Quellungen verfälschen. Hier sind zusätzliche Untersuchungen notwendig, die zudem die Übertragbarkeit der Laborergebnisse auf die Praxis ermöglichen. Dies kann z.B. durch in-situ- Messungen an durch Ettringitbildung geschädigten Baugrundverbesserungsmaßnahmen oder im Rahmen von Feldversuchen erfolgen. Auch die Untersuchungen zur Temperaturerhöhung und -verteilung im Baugrund müssen durch Feldversuche bzw. Messungen im Rahmen von Projekten untermauert und durch numerische Simulationen zur Parametervariation ergänzt werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Das Quellverhalten von Alkaligelen unter Beachtung ihrer Zusammensetzung. Dissertation, Bauhaus-Universität Weimar, 2008
Mansfeld, T.
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Modellversuche zur Temperaturentwicklung in Boden-Bindemittel-Gemischen. Posterausstellung. 30. Baugrundtagung in Dortmund, Deutsche Gesellschaft für Geotechnik e.V., 2008
Katzenbach, R., Weidle, A.