Simulationsbasierte Parameteroptimierungs- und Unsicherheitsanalyseverfahren für Reaktions-Diffusions-Advektions-Gleichungen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Reaktions-Diffusions-Advektions-Gleichungen werden in vielen Bereichen der Ingenieur- und Naturwissenschaften verwendet, um Prozesse zu modellieren, z. B. die Reaktion in Bioreaktoren und den Flüssigkeitstransport im menschlichen Körper. Da die Parameter dieser mathematischen Modelle häufig unbekannt sind, müssen sie aus den verfügbaren experimentellen Daten bestimmt werden. In diesem Projekt haben wir einen neuartigen simulationsbasierten Optimierungsansatz für Reaktions-Diffusions-Advektions-Gleichungen entwickelt, der die Struktur des Parameteroptimierungsproblems ausnutzt. Der Ansatz verwendet Methoden aus der Regelungstechnik und der Optimierungstheorie, um ein gekoppeltes System aus gewöhnlichen und partiellen Differentialgleichungen zu formulieren. Wir konnten zeigen, dass dieses System die optimalen Punkte des Optimierungsproblems als stabile stationäre Zustände besitzt. Dies wiederum ermöglichte es uns, adaptive numerische Methoden zur Lösung von Optimierungsproblemen für Reaktions-Diffusions-Advektions-Gleichungen einzusetzen. Die im Projekt entwickelten Optimierungsansätze wurden zur Bestimmung der optimalen Parameterwerte und zur Durchführung von Unsicherheitsanalysen unter Verwendung von Likelihood-Profilen eingesetzt. Anstatt die Likelihood-Profilen durch wiederholte Optimierung zu berechnen, haben wir die gekoppelten Systeme modifiziert. Das modifizierte System entwickelte sich entlang des Profiles und ermöglichte die Profilberechnung in kürzerer Zeit. Die Methode wurde eingesetzt, um unser Verständnis mehrerer wichtiger biologischer Prozesse zu verbessern: (1) Wir entwickelten ein quantitatives Modell für die Lenkung von dendritischen Zellen zu lymphatischen Gefäßen. Dieses Modell beschreibt die Gradientenbildung in komplexen Geometrien. Es ermöglichte eine detailliertere Untersuchung eines frühen Schritts in der adaptiven Immunantwort, die fuür die Bekämpfung von Infektionskrankheiten wesentlich ist. (2) Wir entwickelten ein dynamisches Modell für die Integration von Einzelzellsequenzierungsdaten, die zu verschiedenen Zeitpunkten gesammelt wurden. Diese Daten werden in einem breiten Spektrum von Anwendungen verfügbar, aber die Bewertung der zeitlichen Dynamik war bisher schwierig. Der pseudodynamische Formulierung ermöglichte eine rigorose Integration über verschiedene Zeitpunkte hinweg und damit die Vorhersage der zeitlichen Bewertung. (3) Wir haben ein zentrales Ergebnis unserer Studie genutzt, um quantitativere Modelle der Krebssignalübertragung zu entwickeln. Konkret verwendeten wir einen hierarchischen Ansatz zur Parametrisierung eines umfassenden Modells der Krebssignalübertragung unter Verwendung verschiedener groß angelegter Datensätze. Das daraus resultierende Modell bildete die Grundlage fuür Vorhersagen zum Ansprechen auf Medikamente und für Projekte zur Bewertung der Bedeutung genetischer Veränderungen. Um die Ansätze für Forschungsgruppen und Unternehmen zugänglich zu machen, haben wir sie in Open-Source-Softwaretools implementiert. In Kombination mit den wissenschaftlichen Veröffentlichungen sollte dies die Grundlage für ein breites Spektrum an zukünftigen Entwicklungen bilden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Continuous analogue to iterative optimization for PDE-constrained inverse problems Inverse Problems in Science and Engineering, May 2018
R. Boiger, A. Fiedler, J. Hasenauer, and B. Kaltenbacher
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Inferring population dynamics from single-cell RNA-sequencing time series data. Nature Biotechnology, 37, 461–468, April 2019
D. S. Fischer, A. K. Fiedler, E. M. Kernfeld, R. M. J. Genga, A. Bastidas-Ponce, M. Bakhti, H. Lickert, J. Hasenauer, R. Maehr, and F. J. Theis
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Efficient parameterization of large-scale dynamic models based on relative measurements. Bioinformatics, 36(2):594–602, January 2020
L. Schmiester, Y. Schälte, F. Fröhlich, J. Hasenauer, and D. Weindl
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AMICI: high-performance sensitivity analysis for large ordinary differential equation models. Bioinformatics, 37(20):3676–3677, October 2021
F. Fröhlich, D. Weindl, Y. Schälte, D. Pathirana, L. Paszkowski, G. T. Lines, P. Stapor, J. Hasenauer