Mikroskopische Spannungs- und Dehnungsanalyse zur Untersuchung des Einflusses von Verfestigung auf Rissverlangsamungsmechanismen unter zyklischer Belastung mit variablen Amplituden (Überlasten)
Mechanik
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Bekannt ist, dass Ermüdungsrisse in verschiedenen Materialien unterschiedlich auf Überlasten, also einmalig erhöhte Lasten im Lastkollektiv, reagieren. Das grundlegende Verhalten der Materialien ist dabei dasselbe: Nach der Überlast ist häufig eine kurze Beschleunigung messbar, gefolgt von einem Abfall der Risswachstumsgeschwindigkeit auf ein Minimum. Danach erfolgt ein erneuter Anstieg der Geschwindigkeit bis zurück zum Grundniveau. Dieses Verhalten wurde für drei Materialien verschiedenen Verfestigungsverhaltens untersucht. Bezüglich der Verfestigung wird erwartet, dass die statische Verfestigung maßgeblich das Verhalten der monotonen plastischen Zone der Überlast (da Einzelzyklus) beeinflusst. Ausgehend von Modellbeschreibungen aus der Literatur sollte eine zyklische Verfestigung den Überlasteffekt verstärken (und umgekehrt) und ein vorliegender Bauschingereffekt aufgrund abnehmenden Rissschließens den Überlasteffekt abschwächen. Die für die Versuche verwendeten Materialien Stahl S960Q, Aluminium-Legierung AW7075-T6 und Nickelbasis-Legierung Inconel 625 zeigen eine zyklische Verfestigung für AW7075-T6, eine zyklische Entfestigung für Inconel und ein nahezu zyklisch neutrales Verhalten für S960Q. Zudem zeigen alle Materialien eine kinematische Verfestigung (Bauschingereffekt), was ebenfalls einen Einfluss auf den Überlasteffekt erwarten lässt. In den nach Versuchsplan abgearbeiteten Experimenten bei konstantem ∆K konnte für die Spannungsverhältnisse R=0,5 und R=0 im Bereich der anfänglichen Beschleunigung Unterschiede gefunden werden, wohingegen der Bereich der Verlangsamung sowohl im Hinblick auf die Stärke als auch die Länge der Wechselwirkungsstrecke nahezu identisch war. Die absoluten Zyklenzahlen unterschieden sich hier allerdings erheblich, da sich auch die Rissausbreitungsraten der untersuchten Materialien per se erheblich unterscheiden. Die Versuche bei einer Mittelspannung R=-1 dienten der Untersuchung des Einflusses des Verfestigungsverhaltens, da sich Unterschiede im kinematischen Verfestigungsverhalten entsprechend der Literatur besonders ausgeprägt bei Drucküberlasten und bei Belastungen unter negativen Spannungsamplituden zeigen sollten. Hier kommt es zu einer verstärkten Rissbeschleunigung vor der deutlich verzögerten Verlangsamung. Dies wird darauf zurückgeführt, dass das Rückfließen zu einer lokalen Entfestigung führt. Insgesamt zeigen alle verwendeten Materialien ein reduziertes Überlastverhalten. In dem Zusammenhang konnte auch gezeigt werden, dass allein durch die kurzzeitige Entlastung eine Spannungsrelaxation stattfindet, die den Überlasteffekt deutlich abschwächt, was die Wichtigkeit der Untersuchung von Reihenfolgeeinflüssen aufzeigt. Der Bereich der Eigenspannungen vor der Rissspitze konnten qualitativ und quantitativ mit mehreren Verfahren abgebildet werden. Die Größe des Effekts sollte durch eine Messung der lokalen risstreibenden Kraft quantifiziert werden. Die Ergebnisse zeigen, dass beide Methoden hierzu ein übereinstimmendes Verhalten aufweisen. Der Riss benötigt zum Öffnen eine kritische, angelegte Spannungsintesität KOP. Eine Änderung des KOP zwischen dem Grundniveau der Ermüdung ohne OL und dem Zeitpunkt maximaler Verlangsamung ist nicht erkennbar. Ein dennoch reduziertes maximales CTOD bzw. J nach der Überlast weist darauf hin, dass der Eigenspannungseffekt hier stärker zum Tragen kommt. Diese Ergebnisse sind konsistent zu den Beobachtungen der Synchrotronmessungen. Zusammenfassend hat bereits eine einzelne Überlast aber auch eine einzelne Entlastung und Relaxation einen erheblichen Einfluss auf die Rissausbreitung und damit auf die Lebensdauer rissbehafteter Bauteile. Einzelne Überlasten können gut mit Hilfe einfacher Modelle beschrieben werden. Zur gezielten Berechnung von Lebensdauervorhersagen und entsprechenden Modellen ist bezüglich realer Lastverläufe und Lastkollektive hingegen ist eine weitere Untersuchung der Wechselwirkungen und Reihenfolgeeinflüsse dringend erforderlich. Mit der hier vorgestellten Methodik ist eine weitere Untersuchung dieses Verhaltens jedenfalls erfolgversprechend und sollte in einem Folgeprojekt angegangen werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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"Experimental evaluation of the local J-integral as crack tip driving force from SEM-based digital image correlation.", EMMC 15, Brüssel, Belgien 2016
Thielen M., Schäfer F., Marx M., Motz M.
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“How microscopic stress and strain analysis can improve the understanding of the interplay between material properties and variable amplitude fatigue”, ECF21, Catania, Italien, 2016
Thielen M., MarxM. , Sheikh-Amiri M., Boller C., Motz C.
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”How microscopic stress and strain analysis can improve the understanding of the interplay between material properties and variable amplitude fatigue”, Proc.Struct.Int. 2, 3194-3201, 2016
Thielen M., Marx M., Motz C., Sheikh-Amiri M., Boller C.
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”Using Barkhausen Noise and Digital Image Correlation to Investigate the Influence of Micro Residual Stresses on Fatigue Crack Propagation”, ASTM MPC 5(3), 2016
Thielen M., Marx M., Sheikh-Amiri M.,Boller C. Motz C.
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”Measuring the Influence of residual stresses on fatigue crack propagation by DIC, BEMI and synchrotron Diffraction”, ICF14, Rhodos, Griechenland, 2017
Thielen M., Schäfer F., Marx M., Motz M.
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”The Effect of Overloads on fatigue crack propagation measured by DIC, BEMI and synchrotron”, Fatigue 2018, Poitiers, Frankreich, 2018
Thielen M., Schäfer F., Marx M., Motz M.
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”In situ synchrotron stress mappings to characterize overload effects in fatigue crack growth”, International Journal of Fatigue 121 (2019) 155–162
Thielen M., Schaefer F., Gruenewald P., Laub M., Marx M., Meixner M., Klaus M., Motz C.