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ProDisG: Professionalität im Fokus diskursanalytischer Auswertung von Gruppendiskussionen – Familialisierung als Moment differenter Vergeschlechtlichung pädagogischer Professionalität unter situativen und übersituativen Bedingungen der Äußerung. (Fortsetzungsprojekt zu Projekt NeO)

Fachliche Zuordnung Erziehungswissenschaftliche Sozialisations- und Professionalitätsforschung
Allgemeine und Historische Erziehungswissenschaft
Förderung Förderung von 2016 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 283586677
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Forschungsprojekt ProDisG schließt an das Projekt NeO an, in dem ausgehend von der Diskussion um „Mehr Männer“ in Erziehungs- und Bildungsberufe im Kontext arbeitsmarkt- und geschlechterpolitischer Entwicklungen empirisch danach gefragt wurde, wie sich dadurch pädagogische Professionskulturen verändern. Dazu wurden in NeO elf Gruppendiskussionen mit Fachkräften zwei unterschiedlicher pädagogischer Handlungsfelder (Kindertagesstätten und Sozialpädagogische Familienhilfe) geführt, die auch Grundlage der Analyse von ProDisG waren. Die empirische Untersuchung war als vergleichende qualitative Diskursanalyse angelegt und fokussierte Bezüge auf Eltern und Familie als Moment der Vergeschlechtlichung von pädagogischer Professionalität als Wissensordnung unter situativen und übersituativen Bedingungen der Äußerungen. Diese Bezüge geben Aufschluss darüber, wie Profession, Professionalität und Geschlecht als Gegenstände des Wissens in Erziehungs- und Bildungsberufen hervorgebracht werden. Dazu wurden erstmals und basierend auf dem in NeO entwickelten Analysemodell auch weitere Materialsorten als übersituative Bedingungen in die Rekonstruktion einbezogen. Hintergrund dieser Form der Analyse ist eine praxeologische Lesart der Diskursanalyse, die in NeO in eine methodologische Heuristik und in ein methodisch ausgearbeitetes Vorgehen bezogen auf Gruppendiskussionen überführt und nun angewendet wurde. Die Studie folgte dabei unter anderem neueren rekonstruktiven Ansätzen in der erziehungswissenschaftlichen Professionsforschung, die nach situierten Herstellungsweisen von Professionalität im Kontext von Differenzordnungen fragen. Auf diese Ansätze aufbauend wurde professionelles Handeln in ProDisG heuristisch als diskursive Konstruktion konstitutiver Herausforderungen, praktischer Handlungsprobleme und legitimer Formen des Umgangs mit Herausforderungen und Problemen als Gegenstände des Wissens unter spezifischen Bedingungen des Sprechens verstanden. Der analytische Blick richtet sich dadurch auf die Prozesse der diskursiven Hervorbringung von Konzeptionen professionellen Handelns und deren Verbindung mit Konstruktionen von Geschlecht oder anderen Differenzordnungen über den Bezug auf Familie und Elternschaft. Geschlecht wurde als diskursive Differenzkonstruktion verstanden, die historisch kontingent, sozial konstruiert und somit veränderbar ist. Geschlechtertheoretische Anschlüsse liegen in der (de)konstruktivistischen Frauen-, Geschlechter-, Queer- sowie Männlichkeitsforschung, denen gemeinsam ist, dass sie Geschlecht als Differenzkonstruktion und Macht-Wissen-Komplex behandeln. In dem untersuchten Material erwiesen sich Bezüge auf Familie und auf Geschlecht erwiesen als diskursive Figuren, die im Kontext von professionellem Handeln relevant gemacht wurden und zwar häufig entlang eines Rasters stereotyper Geschlechterrollen. Geschlecht wurde einerseits im Rahmen von Bezügen auf das Konzept des Kindeswohls im Sinne einer Passung zwischen Kind/Adressat*in und pädagogischer Fachkraft als relevant konstruiert und andererseits (insbesondere im SPFH-Kontext) als Faktor, der ein Arbeitsbündnis zwischen professionell Tätigen und Adressat*innen ermöglicht bzw. verhindert. Auch die eigene Elternschaft von pädagogischen Fachkräften wurde relevant gemacht und - geschlechtlich differenziert - entweder als zusätzliche Kompetenz konstruiert oder als Hindernis, das professionelles Handeln eher ausschließt. Anders als im Sprechen der Fachkräfte fand in den Konzeptpapieren eher eine De-Thematisierung von Geschlecht statt. Bei der Darstellung professionellen Handelns in den Konzepten wurde eine starke Adressat*innen-Zentrierung deutlich, welche in einer individualisierenden Logik die Adressat*innen mit einer hohen Verantwortung bzgl. ihrer Problemlagen, Lösungsstrategien und Verantwortlichkeiten bedachte. Dementsprechend wurden solche familiären Konstellationen als problematisch und veränderungsbedürftig konstruiert, denen die Fähigkeit zur Eigenständigkeit abgesprochen wurde. Unabhängigkeit und Autonomie - allerdings im Rahmen bestimmter, von öffentlicher Seite vorgenommener normativer Setzungen - schienen als Leitbilder auf. Die Studie hat grundlagentheoretisch herausgearbeitet, wie die Reproduktion und Transformation von Erziehungs- und Bildungsberufen als ‚gendered professions‘ gegenwärtig lokal situiert von statten geht, indem die Äußerungen in Gruppendiskussionen als Bestandteil einer (Neu-)Ordnung des Verhältnisses von Professionalität und Geschlecht untersucht wurden. Zusammenhänge mit veränderten bildungs- und sozialpolitischen Rationalitäten (z.B. verstärkter Aufmerksamkeit auf Eltern und Familien) in den jeweiligen Feldern wurden dabei herausgearbeitet. Das Projekt war im Bereich der erziehungswissenschaftlichen Professions- und Bildungsforschung angesiedelt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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