Detailseite
Projekt Druckansicht

Landnutzung und holozäner Landschaftswandel in der westlichen Hocheifel

Fachliche Zuordnung Physische Geographie
Förderung Förderung von 2006 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 28321336
 
Erstellungsjahr 2008

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Eichholzmaar (EHM) ist ein kleines, spätpleniglaziales Trockenmaar am nördlichen Rand des Westeifel-Vulkanfeldes (ca. 8 km NW von Gerolstein). Aus den Ergebnissen leitet sich ein sehr junges Minimal- bis Maximalalter von 14500 bis 18000 Jahre vor heute für das EHM-Event ab. Die Ablagerung von ca. 16 m Sedimenten im Maarkrater (entsprechend einem Volumen von 65000 m3) in der vergleichsweise kurzen Zeit setzt den Anschluss des EHMs an ein sehr aktives geomorphologisches System, das Sedimente produziert und zuliefert, voraus. Die Zahl der Studien, die am Beispiel junger Trockenmaare die geomorphologische Entwicklung der Maar-Speicherkomponente und der angeschlossenen Sedimentkaskade thematisieren, steht jedoch in einem umgekehrten Verhältnis zur Zahl der Studien, die sich der geomorphologischen Entwicklung der bekannteren Maarseen widmen - obwohl letztere nur noch existieren, weil sie als Teilkomponente eines relativ inaktiven geomorphologischen Systems eine im Vergleich zur Speicherkapazität geringe Sedimentationsrate aufweisen. Diese Studie analysiert die durch das EHM-Event ausgelöste geomorphologische Aktivität, indem die Untersuchungsergebnisse im Kontext einer (a) Variabilität der autochthonen Ablagerungsbedingungen im Maarkessel und (b) einer variablen Konfiguration und Funktionsweise des angeschlossenen Sedimentkaskadensystems interpretiert werden. Grundlage der Untersuchung ist ein 16 m langer Sedimentkern aus dem Zentrum des EHMs, aus dem die Proben für sedimentphysikalische und -chemische Standardanalysen (289) und Pollenanalysen entnommen wurden. Die Ergebnisse zur Lithostratigraphie und palynologisch basierten Biostratigraphie werden ergänzt durch Befunde aus der Bestimmung botanischer Großreste, 14C- und OSL-Datierungen, Diatomeenbestimmungen und geomorphologische und boden geographische Kartierungen im EHM-Einzugsgebiet. Für die spätglaziale und holozäne Sedimentationsgeschichte des EHMs sind ungewöhnlich hohe Sedimentationsraten charakteristisch. Sie liegen um das Doppelte bis 20fache über denen in anderen mitteleuropäischen Seen. Dies belegt die lokal intensivierte geomorphologische Aktivität, die eine direkte und anhaltende Reaktion auf die Tieferlegung der lokalen Erosionsbasis durch das EHM-Event ist. Zugleich zeigt sich eine relativ geringe klimainduzierte Varianz der Sedimentationsraten während des Spätglazials, währenddessen die höchsten Raten paradoxerweise im Boreal, bei kompletter Waldbedeckung, auftreten. Wir schließen daraus, dass am EHM die quantitativen Effekte der intrinsisch bedingten Reaktion des lokalen geomorphologischen Systems auf das EHM-Event die Effekte der klimabedingten Verändemng der geomorphologischen Oberflächenprozesse im Einzugsgebiet überlagern. Diese Phase (relaxation time) hält bis zum Erreichen der maximalen Speicherkapazität der Maarsenke im Atlantikum an. Modifikationen im Sedimentationsverhalten stehen dabei für neu konfigurierte Systemeigenschaften, die die allochthonen Sedimentproduktions-, Transfer- und autochthonen Ablagerungsprozesse entlang der Sedimentkaskade neu regulieren. Hierzu gehören auch mehrfach auftretende Grundwasser- bzw. Seespiegelschwankungen, die das autochthone Sedimentationsmilieu räumlich variieren und infolgedessen auch bei einer konstanten Vegetationsbedeckung im Einzugsgebiet drastische Fazieswechsel hervorrufen. Entgegen der im Antrag formulierten Hypothese ist ein anthropogenes Signal lithostratigraphisch nicht nachweisbar. Die entscheidende Ursache liegt im Funktionswechsel des Maarkessels von einer geschlossenen Sedimentfalle zur flussabwärts offenen Sedimentsenke vor dem Beginn siedlungsbedingter Aktivitäten im Einzugsgebiet. Der Funktionswechsel bedingte eine undifferenzierte, semiterrestrische fan (delta-) Sedimentation, in der sich potentiell menschbedingte Veränderungen des Sedimentflusses nicht mehr abbildeten. Am Beispiel der Entwicklung des EHMs zeigen sich die Vorteile der Analyse sedimentärer Archive im Kontext eines Sedimentkaskadensystems. Eine systembasierte Definition des geomorphologischen Kontexts ist daher auch bei weniger aktiven geomorphologischen Systemen von entscheidender Bedeutung, wenn Sedimente als Grundlage für die kausale Interpretation der Rolle intrinsischer und extrinsischer (z.B. klimatischer) Systemsteuerungen dienen.

 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung