Einkomponentige Multiferroika: Synthese und physikalische Eigenschaften
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In dem Projekt wurden die physikalischen Eigenschaften in der Familie der Ferro- und Chromborate systematisch untersucht, wobei besonders die Kopplungen zwischen magnetischen, strukturellen und dielektrischen Eigenschaften im Zentrum der Fragestellungen standen. Methodisch wurden dabei Messungen der Magnetisierung in statischen und gepulsten Magnetfeldern bis 50T, der thermischen Ausdehnung und Magnetostriktion, der spezifischen Wärme, Röntgendiffraktometrie (Labor und Synchrotron 120 keV), der dielektrischen Konstanten und der dielektrischen Polarisation im Magnetfeld, sowie der Wärmeleitfähigkeit und des elektrischen Transports eingesetzt. Ein besonderer Schwerpunkt der Untersuchungen lag auf dem Material RFe3(BO3)4 (R=Seltene Erde oder Y). Bemerkenswert und exemplarisch ist hier vor allem das Material TbFe3(BO3)4, für das Hochfeld-Magnetisierungsmessungen und Messungen der spezifischen Wärme einen magnetfeldgetriebenen metamagnetischen Übergang, der mit einem großen Magnetisierungs¬sprung verbunden ist, in der magnetisch geordneten Phase belegen. Untersuchungen der magnetodielektrischen und der magnetoelastischen Kopplung zeigen einen starken Magnetfeldeinfluss auf die dielektrische Konstante und die Probenlänge. Darüber hinaus wurde mittels Hochenergieröntgenbeugung eine magnetfeldgetriebene Verdopplung der Einheitszelle nachgewiesen. Insgesamt resultiert damit eine enge Verknüpfung der dielektrischen, strukturellen und magnetischen Eigenschaften und eine entsprechende Manipulierbarkeit des Systems. Der Vergleich mit auf anderen Seltenen Erden aufbauenden Materialien unterstreicht eine zentrale Bedeutung eines Strukturübergangs bei etwa 190 K. Fehlt dieser, wie etwa in NdFe3(BO3)4, zeigen sich deutlich ausgeprägtere magnetodielektrische Effekte bei tiefen Temperaturen. Die Beobachtungen legen nahe, dass die Nähe zur strukturellen Instabilität die ungewöhnlich starken Effekte beeinflusst. Darüber hinaus wurden magnetoelektrische Effekte in CrO2 betrachtet. Der halbmetallische Ferromagnet CrO2 ist aufgrund seiner nahezu vollständig spinpolarisierten Leitungselektronen ein potentiell wichtiges Material für spinelektronische Anwendungen. Hinsichtlich magnetoelektrischer Effekte ist es bedeutsam, dass granulares CrO2 eine antiferromagnetische Oberflächenschicht aus Cr2O3 besitzt. Dieses Kompositsystem zeichnet sich daher durch eine magnetische Tunnelbarriere aus, darüber hinaus ist Cr2O3 aber auch magnetoelektrisch: Damit ist ein natürliches Kompositsystem bestehend aus einem ferromagnetischen Metall und einem antiferromagnetischen magnetoelektrischen Isolator realisiert, dessen Eigenschaften zuvor nur sehr wenig untersucht waren. Durch ein alternatives Syntheseverfahren konnten wir granulares CrO2 herstellen, das eine intrinsische Mikrostruktur aufweist und aus Mikrokristalliten besteht. Insbesondere konnten wir erstmals die Oberflächenschichten aus polykristallinem Cr2O3 direkt nachweisen, die den einkristallinen Kern umgeben. Messungen des elektrischen Widerstandes zeigen einen Sprung bei 240K, der eine starke thermische Hysterese aufweist und durch den angelegten Strom moduliert werden kann. Dies gibt bereits indirekte Belege für eine magnetoelektrische Kopplung, die wir in Zusammenarbeit mit der Universität Duisburg-Essen durch die direkte Untersuchung der dielektrischen Suszeptibilität, d.h. der durch ein elektrisches Feld induzierten Magnetisierung, nachgewiesen haben. Ein weiterer Beleg für die magnetoelektrische Kopplung des Kompositsystems ist die Beobachtung eines remanenten magnetischen Momentes, dessen detaillierte Untersuchung die Existenz eines Piezomomentes in der antiferromagnetischen Grenzschicht nahelegt, welche die Magnetisierung der ferromagnetischen Kristallite bei kleinen Magnetfeldern dominiert.