Werkstoffbasierte Grundlagenuntersuchungen zur Erweiterung des Verständnisses der Erodierbarkeit von elektrisch leitfähigen Keramiken mit oxidischer Matrix
Metallurgische, thermische und thermomechanische Behandlung von Werkstoffen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
In diesem Forschungsvorhaben wurden grundlegende Untersuchungen zur Erodierbarkeit von elektrisch leitfähigen Keramiken durchgeführt, denn der Bedarf an Hochleistungskeramiken mit komplexen Geometrien oder auch filigranen Strukturen im Bereich der Chemie- und Medizinindustrie steigt kontinuierlich an. Darüber hinaus werden Keramiken zunehmend als Werkstoff für Spritzgusswerkzeuge eingesetzt. Da bislang nur wenige Forschungsarbeiten zur Erodierbarkeit von Keramiken durchgeführt wurden, bestand und besteht hier ein großes Forschungspotential. Abhängig von der Werkstoffzusammensetzung ergeben sich unterschiedliche Abtragmechanismen, die sich wiederum auf die funkenerosive Bearbeitungsdauer als auch auf die resultierende Oberflächenintegrität auswirken. Auf Basis der Untersuchungsergebnisse konnte die anfangs gesetzte Arbeitshypothese „die Erodierbarkeit sowie die Oberflächen- und Bauteileigenschaften von elektrisch leitfähigen Keramiken mit oxidischer Matrix lassen sich aus ihrem Gefügeaufbau und ihrer Werkstoffzusammensetzung ableiten“ bestätigt werden. Bei den Keramiken gilt es den Einfluss der Materialeigenschaften auf den Funkenerosionsprozess ebenso zu berücksichtigen wie den Einfluss des Bearbeitungsprozesses auf die Materialeigenschaften (Festigkeit). Durch das Forschungsprojekt konnte die Grundlage für die dafür notwendigen Zusammenhänge weiter herausgearbeitet werden. Für die Werkstoffgruppe ZTA-TiC konnten die Einflüsse der Materialeigenschaften auf den Funkenerosionsprozess bereits im ersten Projektabschnitt umfassend aufgeklärt werden. Der optimale Zusammensetzungsbereich wurde ermittelt und angepasste Erosionsparameter identifiziert, die eine Bearbeitung mit hoher Schnittgeschwindigkeit, vergleichbar mit der von Stahl im öl-basierten Dielektrikum, und einer guten Oberflächengüte erlauben. Das im zweiten Projektabschnitt gewählte co-stabilisierte TZP-WC konnte bezüglich seiner mechanischen Eigenschaften deutlich verbessert werden. Abhängig von der Zusammensetzung ergeben sich hohe Zähigkeiten (KIc bis 8,7 MPa√m) bei ebenfalls hohen Festigkeiten zwischen 1500 und 1750 MPa (4-Punkt-Biegefestigkeit). Das Material eignet sich damit als strukturbelastbarer Hochleistungswerkstoff für diverse Einsätze, z.B. im Bereich des Werkzeugbaus, als Einsatz für Spritzgusswerkzeuge oder als Schneidstempel für Stanzwerkzeuge und ist dabei als sehr gute Alternative zum Hartmetall anzusehen. Je nach Anwendungsfall kann die Zusammensetzung optimal gewählt werden, da eine gute Erodierbarkeit für einen weiten Bereich gegeben ist. Da die Maschineneinstellungen während des Funkenerodierens maßgeblich darüber entscheiden, wie stark die Festigkeit beeinträchtigt wird, müssen folgende Empfehlungen für die Bearbeitung berücksichtigt werden. Im hier vorliegenden Fall darf die resultierende Entladeenergie den Wert von We = 1,4 mJ nicht überschreiten, da es sonst zu starken Randzonenschädigungen kommt. Außerdem darf der SIst-Wert nicht mehr als um einen Wert von DSIst = 3,8 schwanken, da sonst die resultierenden Instabilitäten die Produktivität reduzieren und eine ungleichmäßige Bearbeitung entsteht. Des Weiteren sollte ein geringer Wert für die Entladefrequenz (fe ≤ 1,5 kHz) gewählt werden, um eine möglichst geringe Schädigung der Randzone zu bewirken. Da die implementierten Standard-Maschinenparameter sich nicht als geeignet herausgestellt haben, bedarf es neuer Technologien als Auswahlmöglichkeit auf den Erodiermaschinen. Für eine Prädiktion der Oberflächenintegrität sind Rauheitsmessungen nicht entscheidend. Anders als bei metallischen Werkstoffen können scharfe Risse initiiert werden, welche sich in Oberflächenrauheiten nicht abbilden lassen. Die Ergebnisse der Nachschnittbearbeitungen haben neue Ansätze zur Reduzierung dieser Oberflächendefekte gezeigt. Es reicht lediglich einen Nachschnitt mit konstanter Vorschubgeschwindigkeit und sehr geringer Entladeenergie zu nutzen, denn die Verwendung mehrerer Nachschnitte hat zu einer Verschlechterung der Oberflächenintegrität und der Biegefestigkeit geführt. Des Weiteren kann durch die Verwendung nur eines Nachschnittes die Gesamtbearbeitungsdauer wesentlich reduziert werden. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Zielsetzung des Projektes umfassend erreicht werden konnte. Die Projektpartner sind überzeugt, durch den Abschluss dieser Untersuchungen einen wichtigen Beitrag zur Herstellung und funkenerosiven Bearbeitung von elektrisch leitfähigen Hochleistungskeramiken geleistet zu haben.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Electrical discharge machinable (Y, Nd) co-stabilized zirconia – Niobium carbide ceramics, Journal of the European Ceramic Society, 40(11), (2020), S. 3723-373
Gommeringer, A., Schweizer, C., Kern, F.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.jeurceramsoc.2019.11.004) - Mechanical Properties and Electrical Discharge Machinability of Alumina-10 vol% Zirconia-28 vol% Titanium Nitride Composites, Ceramics, 3(2), (2020), S. 199-209
Gommeringer, A., Kern, F.
(Siehe online unter https://doi.org/10.3390/ceramics3020018) - Surface Integrity Analysis of Ceramics Machined by Wire EDM Using Different Trim Cut Technologies, Procedia CIRP, 87, (2020), S. 251-256
Bergs, T.; Olivier, M.; Gommeringer, A.; Kern, F.; Klink, A.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.procir.2020.02.026) - Wire electrical discharge machinability and load-bearing capacity of ATZ-WC composite ceramics, ESAForm Proceedings (2021)
Olivier, M., Heß, R., Gommeringer, A., Kern, F., Herrig, T., Bergs, T.