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Kultureller Wandel im kolonialen Mexiko. Generationenkonflikte und Rechtspluralismus in indigenen Gemeinden der Halbinsel Yucatán (16. - 19. Jahrhundert)

Antragstellerin Dr. Ute Schüren
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Ethnologie und Europäische Ethnologie
Förderung Förderung von 2016 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 280817575
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Projektarbeit hat zahlreiche Erkenntnisse hinsichtlich der lokalen Machtstrukturen v.a. in den Landgemeinden der Halbinsel Yucatán erbracht. Eine starke Konkurrenz zwischen Repräsentanten der Kolonialherrschaft, Rechtspluralismus und Missachtung des Rechts waren die Rahmenbedingungen für die Aushandlungen lokaler Konflikte, einschließlich Generationen- und Geschlechterkonflikte. Die beobachtete starke Migration zwischen Gemeinden, Land-Stadt-Migration, die Abwanderung in unkontrollierte Gebiete aber auch in Agrarbetriebe von Spaniern ist nur dann zu verstehen, wenn man neben der Attraktivität der Zielorte die internen Machtstrukturen und Ausbeutungsverhältnisse innerhalb der indigenen Bevölkerung stärker in den Blick nimmt, die zur Abwanderungsentscheidung beitrugen. Der Vergleich zwischen den Perioden der frühen und der späten Kolonialzeit zeigt, dass selbst für Periode I die Autonomie-These für die indigenen Gemeinden fragwürdig ist, da die Gemeinden in den kontrollierten Gebieten bereits im 16. Jahrhundert (Periode I) einer intensiven Restrukturierung und Disziplinierung durch Franziskaner unterworfen waren und insbesondere von spanischen encomenderos und Repräsentanten des Staates wirtschaftlich ausgebeutet wurden. Im 18. und frühen 19. Jahrhundert (Periode II) war die Gemengelage machtvoller politischer Akteure und die Siedlungsstruktur deutlich komplexer. Politische Faktionen, Klientel- und soziale Beziehungen überschritten oft die Grenzen zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen (castas), denn es bestand ein enges Zusammenleben und ein enger Austausch zwischen ihnen. So erscheint es fragwürdig, dass die nicht-indigene Bevölkerung in den Siedlungen in der Literatur über diese Periode häufig weitgehend ausgeblendet wird. Die Quellen zeigen darüber hinaus, dass Loyalitäten und Identitäten auch in der frühen Kolonialzeit nicht statisch waren und häufig nicht entlang der casta-Grenzen verliefen. Lokale indigene und nicht-indigene Autoritäten mischten sich stark und durch unterschiedliche Maßnahmen der Disziplinierung in die Generationen- und Geschlechterbeziehungen ein. Das bezeugt etwa die Verbringung von Waisen und jungen unverheirateten bzw. verlassenen Frauen in fremde Haushalte, wo sie als criadas für ihren Lebensunterhalt arbeiten mussten und als sozial kontrolliert galten. Indigene Männer und Frauen, selbst Verwandte und Freunde nutzen das staatliche Justizsystem intensiv, aber auch bestehende Klientelbeziehungen, um ihre häufigen Streitigkeiten untereinander auszufechten.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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