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Energetische Untersuchungen zur induzierten Aufnahme von Partikeln in funktionalisierte, synthetische Membransysteme

Fachliche Zuordnung Biophysik
Förderung Förderung von 2015 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 280366404
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Ziel dieses Vorhabens der Arbeitsgruppen Rohrbach und Römer war es, die physikalischen Mechanismen der Partikelaufnahme mit besonderem Hinblick auf die Rolle der Membrandeformation bei der zellulären Aufnahme des Bakteriums Pseudomonas aeruginosa besser zu verstehen. Hierzu wurden zunächst zwei komplementäre Mess-Methoden etabliert, die es ermöglichten, die Energetik bei der Aufnahme eines Partikels in eine künstliche Zelle (GUV) zu bestimmen. Durch den Einsatz eines Photonischen Kraftmikroskops (PFM) im Kraftbereich von 0.1 pN – 20 pN und eines Atomkraftmikroskops (AFM) im Kraftbereich von 20 pN – 500 pN, konnten wir verschiedene Partikel (z.B. inaktivierte Bakterien oder Lektin-funktionalisierte Polymerkügelchen) kontrolliert an die Membran heranfahren und die Partikel-Auslenkung und damit die Veränderungen in Kraft und Energie hochpräzise messen. Um nun den Einfluss verschiedener biochemischer Komponenten auf die Partikelaufnahme- Wahrscheinlichkeit zu untersuchen, wurde dem biomimetischen System in einem „Bottom-up“-Ansatz stückweise Komplexität hinzugefügt und dabei die Kraft- und Energieprofile während der Partikelaufnahme nach dem gleichen Schema gemessen. Wie vermutet, stellten sich Kraft- und Energieprofile als Funktion der Eindringtiefe des Partikels in die GUV-Membran bzw. die Zuglänge des adhärierten Partikels von der Membran als sinnvolle Auslesegrößen mit guter Vergleichbarkeit heraus. Das GUV-System wurde durch verschiedene osmotische Drücke und Lipidkompositionen verändert bzw. in seiner Komplexität durch die Einbindung des Glycosphingolipids Gb3 als Rezeptor für das Pseudomonas aeruginosa Lektin LecA in die Membran erhöht. Des Weiteren wurde die Partikeloberfläche durch Funktionalisierung mit dem bakteriellen Lektin LecA kontrolliert verändert. Um die Wechselwirkung zwischen dem Partikel und der GUV-Membran zu untersuchen, wurden zunächst die Abreiß-Kräfte und Abreiß-Energien des Partikels nach Membrananbindung sowohl mit AFM und PFM gemessen. Hier stellte sich heraus, dass sowohl für die optischen Pinzetten Zug-Messungen im Kraftbereich < 20 pN als auch für AFM Zug-Experimente mit Fd < 20 pN ein ähnlich stückweises Abreiseverhalten festgestellt werden konnte. Durch die Zugabe des Rezeptor-Liganden-Paares Gb3 –LecA wurden die notwendigen Kräfte und Energien für den Partikelabriss jeweils sichtbar erhöht, sowohl für Riesenvesikel mit geringer als auch hoher Membranspannung. AFM-Kraftmessungen mit Bakterien zeigten zum Beispiel, dass LecA-Gb3-Wechselwirkungen die Anhaftung von Bakterien an die Membran schon nach ein paar Sekunden etwa 6-fach verstärken. Diese Verstärkung der Anhaftung konnte auch für minimale, synthetische Bakterienmodelle (d.h. LecA-beschichtete Polymerkügelchen) über verschiedene Niveaus der Membranspannung bestätigt werden (8-fach mit AFM und 1,5-fach mit OT). Zusätzlich wurden Eindring-Experimente in die GUV-Membran mittels PFM durchgeführt. Hier wurde unter Anwesenheit von Gb3 und LecA eine bis zu 10-fach geringere Eindring-Energie in das GUV Partikel gemessen, wieder unabhängig von der Membranspannung. Da ein Photonisches Kraftmikroskop gegenüber einer standard optischen Pinzette auch die Partikel-Positionsfluktuationen messen kann, war es möglich, die veränderliche Bindungsstärke und Reibungsgröße des Partikels in der Membran während des Aufnahmeprozesses zusätzlich zu messen. Die Bindungs- und Reibungsstärke wurden als Funktion der Eindringtiefe mit der erforderlichen Eindring-Kraft und Eindring-Energie korreliert, was zu sehr eindeutigen Ergebnissen für GUVs mit verschiedener Membranspannung, aber auch für verschiedenen Modifikationen der Membran und Partikeloberflächen führte. Somit konnten wir zeigen, dass die Änderung der thermischen Bewegungs-Fluktuationen des Partikels während der Aufnahme die notwendige Maximalenergie und damit die Aufnahme-Wahrscheinlichkeit qualitativ abgeschätzt werden kann. Durch spezifische Bindungspartner (Biotin-Streptavidin oder Gb3-LecA) wurden höhere Bindungskonstanten bei gleichzeitig reduzierter Aufnahmeenergie festgestellt. Die Rolle von verschiedenen Membranfluktuationsmoden und die Formierung von Katenoiden und Membranschläuchen (thether tubes) wurden durch mathematische Modelle simuliert und dadurch besser verstanden. Unsere Ergebnisse unterstreichen quantitativ den wichtigen energetischen Beitrag von Lektin-Glycosphingolipid-Wechselwirkungen zur Anhaftung und Aufnahme von Bakterien in Wirtszellen. Publikationen zu den oben genannten Ergebnissen sind in Vorbereitung.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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