Die Rolle der Berater und Experten bei den Reformprojekten in Siam unter König Rama V.
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt hat erheblich zum besseren Verständnis der Aktivitäten der Experten im Modernisierungsprozess in Siam beigetragen, sowohl individuell als auch als Gruppe. Durch die Schilderung zahlreicher sehr unterschiedlicher, zum Teil idiosynkratischer Fälle wird sehr gut deutlich, dass die Expertengruppe in vieler Hinsicht intern erheblich zu differenzieren ist. Der Zeitpunkt des Eintreffens in Siam, die Ausbildung und fachliche Spezialisierung, die soziale Herkunft, die nationale Zugehörigkeit, überdies Unterschiede der Persönlichkeit und im Auftreten – all dies trug dazu bei, dass in vielen Fragen von der Expertengruppe nicht ohne weiteres im Kollektiv zu sprechen ist. Sodann fügen sich die zahlreichen Einzelfälle, Auseinandersetzungen und Reibereien zu einer wahren Ethnographie der politischen Aushandlungsprozesse vor Ort. Die quellennahe Darstellung vermittelt in der Zusammenschau einen Eindruck von dem umkämpften Charakter, aber auch häufig den make-shift-Aspekten des Prozesses, der mit dem abstrakten Begriff der Modernisierung nur sehr unvollkommen umschrieben ist. Übergreifende Reformziele konnten durch sachliche (oder auch persönliche) Auseinandersetzungen, Kompetenzgerangel oder Konkurrenzsituationen immer wieder in Frage gestellt werden. Interessant sind in diesem Zusammenhang auch die verschiedentlich eingestreuten vergleichenden Blicke, etwa nach Japan oder in koloniale Zusammenhänge, die die besonderen Bedingungen der Arbeit westlicher Experten in Siam gut deutlich werden lassen. Schließlich hat das Projekt wichtige Beiträge zum Verhältnis von Experten und Kulturimperialismus geleistet. Dabei wird die Vielfalt der eingenommen Perspektiven und der häufig kritische Blick auf „Zivilisierung“ und die Effekte einer Modernisierung nach europäischem Vorbild, wie sie von Beratern und Experten formuliert wurden, gut deutlich. Man kann keineswegs von einer einheitlichen, positiven Sicht der europäischen Experten auf die Errungenschaften westlicher Moderne ausgehen.