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Mollesses: Schwächen und Verweichlichung des Männlichen (15.-17. Jh.)

Fachliche Zuordnung Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung Förderung von 2015 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 277571712
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Dank der Förderung konnte ein bedeutender Beitrag zur Literatur- und Kulturgeschichte der europäischen und besonders der französischen frühen Neuzeit geleistet werden. Das semantische Feld der mollesse konnte vollumfänglich erschlossen und auf seine Bedeutung für die gemeinsame Grundlage der frühen Neuzeit hin betrachtet werden. Dem Antragsteller und den beiden Mitarbeiter*innen ist es gelungen, zweifach an einer Erschließung des frühneuzeitlichen Kanons (Marguerite de Navarre, Rabelais, Ronsard, Montaigne) mitzuwirken und neue Perspektiven an traditionsreiche Lektüren heranzutragen und zugleich noch fast unerschlossene Werke an den Kanon anzubinden und ihren weitreichenden Einfluss aufzuzeigen. Das Projekt hat so verschiedene Konfigurationen einer effeminierten Männlichkeit bis auf ihren frühmodernen Ursprung zurückverfolgen können: das Konzept der mollesse hat ein weites metaphorisches Feld aufgeworfen, das die Betrachtung der Männlichkeit nicht mehr als absolute Gegebenheit, sondern als sich perpetuell verändernden Element in einem diskursiven Raum ermöglicht hat. In medizinischen, juristischen, rhetorischen, sprachlichen und narrativen Debatten wird hierbei ein Grundkonzept menschlicher Weltwahrnehmung tradiert, das sich vor dem Hintergrund einer geschlechterdifferenzierenden Weichheit immer stärker dekonstruieren lässt. Die physiologische, ethische oder rhetorische mollesse schärft den Blick für einen Mann der Moderne, der in einem ständigen Prozess der Verortung begriffen ist, des Ringens mit seiner eigenen (geschlechtlichen) Identität, die er selbst schafft. Diese konfrontiert ihn mit dem Widerstreit absoluter Ideale und relativer Realität, für die er selbst das beste Beispiel darstellt. Von diesen Grundüberlegungen ausgehend, hat dieses Projekt ermöglicht, zum ersten Mal das Verständnis der Wechselbeziehung zwischen mollesse und der Verweiblichung des Männlichen zu vertiefen und dabei eine Vorstellung der transformativen Kraft dieser „féminité masculine” zu entwickeln. Es ließ sich aufzeigen, wie sich die Gender-Kategorie des Männlichen immer wieder neu definieren und konzeptualisieren musste, um dem Prozess der Verweichlichung und Aufweichung etablierter Geschlechtergrenzen Rechnung zu tragen. Es entsteht so eine Virilität, die sich sukzessive weibliche Attribute aneignet, um sich in dem ehemals binären, sich nun öffnenden System zu positionieren. Dabei handelt es sich weniger um eine Krise als um eine notwendige Aufweichung (assouplissement) des männlichen Ideals, das unter anderem auch bestimmte, dem Weiblichen zugeschriebene Eigenschaften umfasst. Aus dem Projekt werden zwei Monographien, ein Sammelband, 20 Artikel und eine Vielzahl internationaler Vorträge hervorgegangen sein, die den Ertrag des Projektes über den rein projektimmanenten Rahmen hinaus deutlich gemacht haben. Die über die gesamte Laufzeit geführten internationalen Kooperationen verdeutlicht, in welchem Maß das DFG-Projekt zu den „Schwächen und Verweichlichung des Männlichen“ den Nerv eines aktuellen Forschungsinteresses getroffen hat und in bedeutendem Maße zum epistemologischen Verständnis der Konzeption des modernen Menschen beitragen konnte.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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