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Kybernetik und "wissenschaftlich-technische Revolution" in der Sowjetunion 1948-1980

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2015 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 276412065
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Untersuchung ergänzt den bisherigen Forschungsstand zur Kybernetik in der UdSSR, indem sie erstmals systematisch die in diesem Rahmen ausgearbeiteten Ideen und Konzepte zur Regulierung gesellschaftlicher Prozesse rekonstruiert. Selbiges gilt für die Dokumentation tatsächlich implementierter Maßnahmen. Es konnte gezeigt werden, dass der diesbezügliche Schwerpunkt eindeutig auf der Wirtschaft lag, daneben wurde der Justiz sowie dem Bildungswesen einige Aufmerksamkeit zuteil. Auch wurden in diesem Kontext gewisse Konjunkturen offengelegt. Die Studie reiht sich insofern in den bisherigen Forschungsstand ein, als sie auch bezüglich der Kybernetik dokumentieren kann, dass sich ihre konkrete Ausformung weitgehend in die politisch-ideologischen Rahmenbedingungen einfügte. Dies ist deshalb bemerkenswert, da die Kybernetik zunächst, um 1960, von verschiedenen Akteuren mit hohen Erwartungen verknüpft wurde. Durch den für das untersuchte Teilgebiet der Kybernetik erstmals dargelegten Adaptionsprozess an diese Rahmenbedingungen wurde sie jedoch ihres revolutionären Moments beraubt. Des Weiteren verdient die Erkenntnis Beachtung, dass jener Adaptionsprozess zwar auch bei der Implementierung von Projekten stattfand, sich aber vor allem innerhalb der Wissenschaftssphäre vollzog. Das ist dadurch zu erklären bzw. korrespondiert mit der Tatsache, dass das politisch-gesellschaftliche Selbstverständnis der auf den betreffenden Gebieten tätigen Kybernetiker weitgehend mit dem des politischen Regimes übereinstimmte, was die Studie ebenfalls herausarbeiten konnte. Darüber hinaus wird dieser Befund durch eine weitere Erkenntnis der Studie bekräftigt: Zwar legte die Politik die Rahmenbedingungen für die kybernetische Forschungstätigkeit und die Implementierung ihrer Ergebnisse fest, aber aus der alltäglichen Arbeit hielt sie sich weitestgehend heraus. Darin unterscheidet sich die Kybernetik durchaus von einer Reihe anderer wissenschaftlicher Disziplinen in jener Zeit. Insgesamt konnte die Ausgangshypothese verifiziert werden, dass mit der Kybernetik vermehrt wissenschaftlich-systematische Verfahren der Kontrolle und Planung zur Anwendung kamen. Jedoch geschah dies nicht in dem Maßstab, der von einigen Akteuren um 1960 angedacht bzw. erhofft wurde. Es wird deutlich, dass die sowjetische Kybernetik als Phänomen und Träger der Modernisierung verstanden werden kann, auch wenn ihre praktischen Auswirkungen sehr begrenzt waren. Sie ist als ein Modernisierungsprojekt zu betrachten, dessen Umsetzung zu einem Gutteil an den überkommenen Strukturen scheiterte.

 
 

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