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Teleosemantik weitergedacht

Fachliche Zuordnung Theoretische Philosophie
Förderung Förderung von 2015 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 275653843
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Was sind die Erfolgsaussichten für eine teleosemantische Erklärung mentaler Repräsentationen? D.h., kann man mit Hilfe des biologischen Funktionsbegriffs eine tragfähige konstitutive Erklärung mentaler Repräsentationen formulieren? Die Ergebnisse des Projekts stützen eine positive Antwort auf diese Frage. Es konnte gezeigt werden, dass sich eine empirisch plausible teleosemantische Theorie formulieren lässt, die (i) der explanatorischen Rolle mentaler Repräsentationen gerecht wird (insbesondere ihrer Rolle in der Erklärung von Verhalten), (ii) eine solide funktionstheoretische Basis hat, und (iii) aus metatheoretischer Sicht kohärent ist. Dabei hat sich jedoch herausgestellt, dass eine adäquate Theorie in zentralen Punkten von den bislang vertretenen teleosemantischen Vorschlägen abweichen muss, und dass außerdem die zugrundliegende Funktionskonzeption und die mit der Theorie verbundenen metatheoretischen Annahmen grundlegend revidiert werden müssen. Um eine teleosemantische Theorie formulieren zu können, die der explanatorischen Rolle mentaler Repräsentationen gerecht wird, muss zunächst geklärt werden, was repräsentationale (intentionale) Erklärungen von Verhalten sind und worin ihr ‚explanatorischer Mehrwert‘ besteht. Daher wurde im Rahmen des Projekts ein Modell intentionaler Erklärungen entwickelt, das an aktuelle interventionistische Theorien anschließt, und das repräsentationale Tatsachen als proportionale „difference-maker“ für Verhalten versteht. Aus diesem Modell ergibt sich (zusammen mit plausiblen Zusatzannahmen) einerseits, dass die gängigen Varianten der Teleosemantik der explanatorischen Rolle von Repräsentationen nicht gerecht werden können. Andererseits lässt sich auf der Grundlage des Modells aber auch zeigen, dass dies kein grundsätzliches Defizit des teleosemantischen Ansatzes ist: Eine neue Theorie, die repräsentationalen Status an Beziehungen zu speziellen ‚Produzenten‘ (produzierenden Mechanismen) und ‚Konsumenten‘ (verarbeitenden Mechanismen) knüpft, kann die explanatorische Relevanz mentaler Repräsentationen in adäquater Weise einfangen. Diese neue Theorie hat überdies noch weitere wichtige Vorteile gegenüber den Standardtheorien, u.a. bei der Lösung eines grundlegenden Unbestimmtheitsproblems (des sog. Distalitätsproblems). Der Funktionsbegriff ist für die Teleosemantik von zentraler Bedeutung, wirft aber auch viele Fragen auf. Im Rahmen des Projekts ist deutlich geworden, dass klassische Versionen der Teleosemantik, die sich auf eine ätiologische Funktionskonzeption stützen (d.h., grob gesprochen, auf eine Konzeption, die Funktionen an das Bestehen einer Selektions- oder Lerngeschichte koppelt), gravierende Probleme haben. Diese Probleme betreffen u.a. das Phänomen neuartiger Repräsentationen, das Phänomen der Erklärungskraft mentaler Repräsentationen und das Phänomen des (Alltags-)Wissens über mentale Gehalte. Diese Probleme können neuartige teleosemantische Theorien, die auf eine dispositionale Funktionkonzeption zurückgreifen, ohne weiteres lösen; diese Alternativen zur klassischen Teleosemantik scheitern allerdings daran, dass sie mit instabilen Umweltbedingungen und vorübergehend unnützen Repräsentationen nicht umgehen können. Insgesamt, so ein weiteres wichtiges Ergebnis des Projekts, bietet eine neuartige Funktionskonzeption, die Elemente des klassisch ätiologischen und des dispositionalen Ansatzes kombiniert, die beste Grundlage für die Formulierung einer teleosemantischen Theorie der Repräsentation. Ein prominenter Einwand gegen den teleosemantischen Ansatz ist der Vorwurf der metatheoretischen Inkohärenz. Dieser Einwand konnte im Zuge des Projekts erfolgreich entkräftet werden: Teleosemantische Hypothesen müssen in der Tat als a posteriori gerechtfertigte reduktive Thesen aufgefasst werden, aber das ist – sofern die Analogie zu reduktiven Thesen aus Chemie und Physik richtig verstanden wird – eine durchaus kohärente Position. Darüber hinaus ergibt sich daraus nicht die (problematische) Konsequenz, dass ‚Lehnstuhl‘-Argumente generell als methodologisch unzulässig ausgeschlossen werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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