Analytik von Dental-Methacrylaten aus zahnärztlichen Restaurationsmaterialien in der Raumluft
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel der Arbeit war die qualitative und quantitative Ermittlung der Exposition von Beschäftigten durch die Freisetzung volatiler Methacrylate aus dentalen Materialien in die Raumluft in Zahntechniklaboren, Zahnarztpraxen und im Kursraum der Zahnklinik der LMU. Dazu wurde ein Messverfahren basierend auf der Festphasenmikroextraktion (SPME) in Kombination mit der Gaschromatographie-Massenspektrometrie (GC-MS) entwickelt und etabliert. Mit diesem Messverfahren konnten Nachweisgrenzen unter 1 ppb verwirklicht werden (z.B. EGDMA: 6 µg/m3), zugleich konnte das Verfahren aber auch bis in den ppm-Bereich kalibriert werden (z.B. MMA: 54 mg/m3) und deckte dadurch einen großen Konzentrationsbereich ab. Das neue Verfahren wurde zur Probenahme in drei Zahntechniklaboren in München eingesetzt. Hier konnten die Methacrylate MMA, EGDMA und TEGDMA in der Raumluft nachgewiesen werden. Die höchsten Methacrylat-Konzentrationen wurden von MMA (0,1 bis 30 mg/m3) erreicht. Beeinflusst wurde die Höhe der MMA-Konzentration in der Raumluft durch die Verwendung von Flüssigmonomer am Arbeitsplatz, das über 90 % MMA enthält und von der Verwendung von Ventilationssystemen in den Zahntechniklaboren. Die Konzentrationen der anderen in der Raumluft von Zahntechniklaboren nachgewiesenen Methacrylate EGDMA und TEGDMA waren deutlich niedriger im Vergleich zu den Messwerten von MMA, mit 7 bis 187 µg/m3 bei EGDMA und 14 bis 41 µg/m3 bei TEGDMA. Neben den Probenahmen in Zahntechniklaboren fanden zusätzlich Probenahmen in sechs Münchner Zahnarztpraxen während der Behandlung am Patienten statt. Die Methacrylate MMA, HEMA, EGDMA und TEGDMA konnten während der Zahnbehandlungen in den Zahnarztpraxen nachgewiesen werden. Die höchsten Methacrylat-Konzentrationen wurden von MMA (bis 21 mg/m3) erreicht. MMA-Konzentrationen von 2 bis 10 mg/m3 konnten teilweise über eine Stunde lang während der Verwendung von Flüssigmonomer, das über 90 % MMA enthält, detektiert werden. Die Belastungssituation durch MMA für Zahnärzte/Personal in einer Praxis kann bei den ermittelten MMA-Konzentrationen ähnlich sein wie bei Zahntechnikern in einem Zahntechniklabor. In deutlich niedrigeren Konzentrationen als MMA (0,1 bis 20 mg/m3) wurden die Methacrylate HEMA (7 bis 45 µg/m3), EGDMA (8 und 13 µg/m3) und TEGDMA (19 und 45 µg/m3) in der Raumluft von Zahnarztpraxen detektiert. Die Freisetzung von HEMA und TEGDMA fand dabei überwiegend bei der Verwendung von Haftvermittlern statt, die oft 20-40 % HEMA bzw. TEGDMA enthalten. Zusätzlich wurden weitere Messungen während zahnärztlichen Behandlungen im Studentensaal (Kursraum) der Zahnklinik der LMU gemacht, in dem bis zu 40 Zahnmedizinstudenten gleichzeitig Zahnbehandlungen durchführten. Während der Behandlungen im Studentensaal konnten die Methacrylate HEMA (7 bis 47 µg/m3) und TEGDMA (13 bis 42 µg/m3) detektiert werden. Die ermittelten Konzentrationen im Studentensaal während mehrerer gleichzeitig stattfindenden Behandlungen und damit verstärktem Einsatz von Methacrylaten waren nicht höher als die ermittelten Methacrylat-Konzentrationen bei Einzelbehandlungen in Zahnarztpraxen. Für die detektierte niedrige Konzentration dürfte die vorhandene, ausgezeichnete Lüftung im Kursraum verantwortlich sein. Bei den Messungen an dentalen Arbeitsplätzen lag die gemessene Höchstkonzentration von MMA bei 30 mg/m3 und damit nur um den Faktor 7 unter der Maximalen Arbeitsplatzkonzentration für MMA (210 mg/m3). Dieser Wert ist als niedrig einzustufen, deshalb ergibt sich nur eine geringe Sicherheitsbreite. Der Spitzenwert von EGDMA lag bei 0,19 mg/m3, der von HEMA bei 0,05 mg/m3 und der von TEGDMA bei 0,04 mg/m3. Aufgrund dieser niedrigen Konzentrationen ist die Wahrscheinlichkeit einer Gesundheitsgefährdung Exponierter durch diese Substanzen gering. Die Zunahme von Atemwegserkrankungen durch Methacrylate in Dentalberufen legt allerdings eine Sensibilisierung durch ein oder mehrere Methacrylate am Arbeitsplatz nahe, wobei wegen der hohen Konzentration das stärkste Potential/Risiko von MMA ausgehen dürfte.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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