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SFB 754:  Klima – Biogeochemische Wechselwirkungen im Tropischen Ozean

Fachliche Zuordnung Geowissenschaften
Biologie
Medizin
Förderung Förderung von 2008 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 27542298
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Der SFB 754 hatte sich zum Ziel gesetzt, die Wechselwirkung von Zirkulation und Klimavariabilität im tropischen Ozean mit den marinen Sauerstoff- und Nährstoffbudgets zu verstehen, die Bedeutung Sauerstoff-sensitiver mikrobieller Prozesse quantitativ zu evaluieren und mögliche Konsequenzen für den zukünftigen Ozean abzuschätzen. Im Meerwasser gelöster Sauerstoff war das zentrale chemische Element der Untersuchungen. Es ist nicht nur lebensnotwendig für alle höheren Lebensformen, sondern es kontrolliert Remineralisierungsprozesse und dadurch die wesentlichen Nährstoffkreisläufe im Ozean und im Erdsystem. In sogenannten Sauerstoffminimumzonen wirkt Sauerstoff als „Schalter“ zwischen aeroben und anaeroben Prozessen, insbesondere zwischen der Denitrifizierung mit dem daraus resultierenden Verlust von Stickstoff aus dem Ozean einerseits und andererseits der Freisetzung der Nährstoffe Phosphat und Eisen aus Sedimenten, die anoxisch werden. Solche Sauerstoffminimumzonen befinden sich in den tropischen Ozeanen, von denen der SFB 754 als zwei Extrembeispiele die bereits anoxische Zone vor Peru und das Gebiet vor Mauretanien untersucht, wo Sauerstoffkonzentrationen zwar niedrig, aber oberhalb der Schwellenwerte für anaerobe Prozesse sind. Wesentliche wissenschaftliche Ergebnisse des SFB 754 sind die Identifikation und detaillierte quantitative Beschreibung des Transports von Sauerstoff durch kleinskalige Prozesse, insbesondere zonale Strombänder in die tropischen Sauerstoffminimumzonen. Typische Klimamodelle können diese Prozesse nicht auflösen und unterschätzen den Sauerstoffeintrag – und überschätzen dadurch das Volumen der Sauerstoffminimumzonen. Neue im SFB 754 entwickelte hochaufgelöste Modelle und Parametrisierungen, die für grobaufgelöste Modelle geeignet sind, haben zu einer wesentlich verbesserten Darstellung der Sauerstoffminimumzonen in heutigen Klimamodellen geführt. Ein überraschendes Ergebnis der dedizierten Felduntersuchungen war die Entdeckung von anoxischen mesoskaligen Wirbeln im Nordatlantik, die sich regelmäßig im Kapverden-Gebiet bilden und während ihrer mehrere Monate langen Lebensdauer stabile Bedingungen für anoxische mikrobielle Prozesse und spezifische Nahrungsnetze schaffen, die bisher nicht für den Nordatlantik vermutet wurden. In den quasi permanent durch Sauerstoffmangel gekennzeichneten Gebieten vor Peru wurden neue biogeochemische Prozesse in den Nährstoffkreisläufen der Sedimente und der Wassersäule identifiziert. Ihre oftmals substanzielle Rolle in den Nährstoffbudgets der Sauerstoffminimumzonen und der darüber liegenden produktiven Oberflächengewässer wurde quantifiziert, um erstmalig ein geschlossenes Stickstoff-Budget aufzustellen. Einige der Prozesse führen zu Rückkopplungen – so kann einerseits der marine Sauerstoffverlust durch den Klimawandel beschleunigt werden, während andererseits auch die sich ausbreitende Sauerstoffarmut über die verstärkte Produktion von Treibhausgasen, insbesondere Lachgas, den Klimawandel forcieren kann. Parametrisierungen dieser Prozesse wurden entwickelt und in Klimamodellen verwendet, um eine realistischere Wiedergabe der ozeanischen an oxischen Ereignisse in der Erdgeschichte aufzustellen. Diese Modelle deuten darauf hin, dass positive Sauerstoff-Klima-Rückkopplungen im Rahmen der geschätzten Erderwärmung relativ gering im Vergleich zu den Unsicherheiten anderer Komponenten unserer gegenwärtigen Klimamodelle sind. Die wahrscheinlich überraschendste Erkenntnis aus dem SFB 754 war die Identifizierung der rasanten Abnahme des marinen Sauerstoffinventars, die sogenannte ,Ocean Deoxygenation‘ (ozeanische Sauerstoffabnahme), ein Begriff, der durch den SFB 754 geprägt wurde, und nun weitverbreitet in der wissenschaftlichen weiterführenden Literatur verwendet wird. Interessanterweise ist unsere Schätzung von einer 2-prozentigen Sauerstoffabnahme in den vergangenen 50 Jahren zwei- bis dreimal größer als die simulierten Werte in gegenwärtigen Klimamodellen. Diese Diskrepanz zwischen beobachteten Schätzungen und Modellergebnissen stellt eine wissenschaftliche Herausforderung sowohl für Modellierer*innen als auch Beobachter*innen dar, welche nun von diversen Forschungsgruppen weltweit in Angriff genommen wird. Der umfassende Datensatz aus Sauerstoffmessungen und zusätzlichen biogeochemischen und physikalischen Parametern, den der SFB 754 gewonnen hat, wird der internationalen wissenschaftlichen Gemeinschaft auch in Zukunft helfen, die Prozesse und Auswirkungen der ozeanischen Sauerstoffabnahme zu verstehen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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