Eine Revision der Theorie der Winde heißer Sterne
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Sterne, die viel massereicher sind als unsere Sonne, spielen eine wichtige Rolle in der Entwicklung des Kosmos. Als besondere Eigenschaft besitzen sie Sternwinde, durch die sie Materie in ihre Umgebung verströmen. Die enorm intensive Strahlung dieser Sterne wird im Sternwind teilweise absorbiert, wodurch riesige Materiemengen mit hoher Geschwindigkeit vom Stern abgeblasen werden. Dieser Massenverlust hat entscheidende Konsequenzen, einerseits für die Entwicklung der massereichen Sterne selbst, und andererseits für ihre Umgebung. Ziel des hier abgeschlossenen Projektes war, die strahlungsdruckgetriebenen Winde besser zu verstehen und theoretisch zu modellieren. Frühere Ansätze beruhten auf drastischen Vereinfachungen. Wir haben nun unsere sehr elaborierten Berechnungen des Strahlungstransports in heißen, expandierenden Sternatmosphären mit den hydrodynamischen Gleichungen kombiniert, um auf diese Weise konsistente Modelle zu konstruieren. Die auswärts fließende Strahlung überträgt ihren Impuls auf die Atome des Sternwinds, die dadurch beschleunigt werden. Nur durch detaillierte Berechnung dieses Strahlungsdrucks können zum Beispiel die sehr starken Winde bestimmter Sterne (sog. Wolf-Rayet-Sterne) überhaupt erklärt werden, bei denen jedes Photon mehrfach zur Windbeschleunigung genutzt wird. Der Antrieb des Sternwindes durch die Strahlung geschieht u.a. durch Absorption in Spektrallinien, wobei den Ionen linienreicher Elemente wie Eisen ein führender Anteil zukommt. Daher ist der Massenverlust von dem Anteil solcher Elemente in der Sternmaterie, der sog. Metallizitat, abhängig. In früheren kosmischen Epochen war diese Metallizität generell niedriger als heute, weil die schweren Elemente erst in den Sternen aufgebaut werden. Damit war wohl auch der Massenverlust in früheren Epochen weniger stark ausgeprägt. In dieser Situation bleibt am Ende der Sternentwicklung, wenn der Kern eines massereichen Sterns durch Gravitation kollabiert, eine größere Restmasse zur Verfügung. Im Rahmen dieses Projektes haben wir u.a. theoretisch vorhergesagt, wie der Massenverlust mit der Metallizität skaliert. Diese Frage ist aktuell von höchstem Interesse, seit man durch Gravitationswellen das Verschmelzen von überraschend großen Schwarzen Löchern detektiert hat.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- 2017, A&A 603, A86 Coupling hydrodynamics with comoving frame radiative transfer. I. A unified approach for OB and WR stars
Sander, A. A. C.; Hamann, W. -R.; Todt, H.; Hainich, R.; Shenar, T.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1051/0004-6361/201730642) - 2018, A&A 610, A60 Coupling hydrodynamics with comoving frame radiative transfer. II. Stellar wind stratification in the high-mass X-ray binary Vela X-1
Sander, A. A. C.; Fürst, F.; Kretschmar, P.; Oskinova, L. M.; Todt, H.; Hainich, R.; Shenar, T.; Hamann, W.-R.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1051/0004-6361/201731575) - 2019, A&A 621, A85 PoWR grids of non-LTE model atmospheres for OB-type stars of various metallicities
Hainich, R.; Ramachandran, V.; Shenar, T.; Sander, A. A. C.; Todt, H.; Gruner, D.; Oskinova, L. M.; Hamann, W.-R.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1051/0004-6361/201833787) - 2019, A&A 621, A92 The Galactic WC and WO stars. The impact of revised distances from Gaia DR2 and their role as massive black hole progenitors
Sander, A. A. C. and Hamann, W. -R. and Todt, H. and Hainich, R. and Shenar, T. and Ramachandran, V. and Oskinova, L. M.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1051/0004-6361/201833712) - 2019, A&A 625, A57 The Galactic WN stars revisited. Impact of Gaia distances on fundamental stellar parameters
Hamann, W. -R.; Gräfener, G.; Liermann, A.; Hainich, R.; Sander, A. A. C.; et al.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1051/0004-6361/201834850) - 2019, MNRAS. Driving classical Wolf-Rayet winds: A Gamma- and Z-dependent mass-loss
Sander, A. A. C.; Vink, J. S.; Hamann, W.-R.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1093/mnras/stz3064)