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Umformtechnisch unterlagerte Prozessmodellierung des Linearspulenwickelprozesses

Fachliche Zuordnung Produktionsautomatisierung und Montagetechnik
Produktionssystematik, Betriebswissenschaften, Qualitätsmanagement und Fabrikplanung
Ur- und Umformtechnik, Additive Fertigungsverfahren
Förderung Förderung von 2015 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 273536303
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die steigenden Anforderungen an Elektromotoren in Bezug auf eine hohe Leistungsfähigkeit und Effizienz, insbesondere im Bereich der Elektromobilität, erfordern eine tiefe Analyse des Produktionsprozesses der Spulen, welche bspw. für den Stator eingesetzt werden. Hauptanforderung für eine effiziente Wicklung ist ein lagenweiser Aufbau mit einem hohen Kupferfüllfaktor und einem bündigen Anliegen des Drahtes am Spulenkörper. Für die Funktionsfähigkeit der Spule muss ein Verjüngen des Drahtes und damit eine Erhöhung des elektrischen Widerstandes vermieden werden. Der Prozess des Linearwickelns erfüllt wesentliche Anforderungen, wie eine hohe Produktivität durch hohe Prozessgeschwindigkeiten sowie eine hohe Qualität des Wickelergebnisses durch die Erzielung eines orthozyklischen Wickelschemas. Da die Spulenwicklung des Stators eine leistungsbestimmende Komponente darstellt, wurden die Halbzeuge in Bezug auf ihre Verarbeitungseigenschaften charakterisiert und darauf aufbauend ein Prozessmodell zur Beschreibung des Linearwickelprozesses rechteckiger Spulen abgeleitet. Hierzu wurden neben technischen Prozessanpassungen, z. B. in Form von Regelungsstrategien zur Beeinflussung der Drahtzugkraft, eine umformtechnische Prozessuntersuchung in Bezug auf den Einfluss des Biegeprozesses auf die resultierenden Spuleneigenschaften durchgeführt. Dabei wurden experimentelle, numerische und analytische Methoden genutzt. Das Werkstoffverhalten des Kupfer-Wickeldrahtes wurde mittels Zug- und Stauchversuchen sowie kombinierter Zug-Stauchversuche umfassend charakterisiert. Hierbei wurde das Umformverhalten des Runddrahtes in Bezug auf die elastischen und plastischen Eigenschaften bestimmt. Hierzu gehören der veränderliche E-Modul und die isotrope und kinematische Verfestigung. Darüber hinaus wurden die elektrischen Eigenschaften in Relation zur Formänderung analysiert. Festzustellen ist anhand von Widerstandsmessungen, dass die mit der Umformung einhergehende Versetzungsdichte die elektrische Leitfähigkeit nur unwesentlich ändert, aber die Querschnittsabnahme zu einer beträchtlichen Widerstandserhöhung führt. Die Entwicklung des Spaltmaßes zwischen Draht und Spulenkörper wurde in einem Spaltmaß-Diagramm in Abhängigkeit des Biegeverhältnisses, der Drahtzugspannung sowie der Querschnittsreduzierung des Drahtes dargestellt. Hieraus wird deutlich, dass die Einflussparameter auf die Effizienz der Spule eines möglichst geringen Spaltmaßes und der Vermeidung einer Abflachung des Drahtquerschnitts entgegengesetzte Anforderungen darstellen. Die experimentelle Analyse des Rückfederungsverhaltens hat gezeigt, dass der Rückfederungswinkel von mehreren Werkstoffeinflüssen abhängig ist. Es ist eine deutliche Schwankung für die unterschiedlichen Prozessbedingungen festzustellen, welche durch das komplexe Prozessverhalten, wie die Drahtbevorratung, den Richt- und Führungsprozess und das Wickeln selbst verursacht werden. Ausstehend bleibt daher eine Prozessuntersuchung durch erweiterte Methoden (bspw. in der FEM) für eine abschließende Klärung dieser Vorgänge. Für die numerische Vorhersage des Rückfederungswinkels sind somit diese Faktoren sowie die Berücksichtigung des stark nichtlinearen Materialverhaltens und der Kontaktbedingungen von Interesse. Die FE-Analyse des Linearwickelprozesses erlaubt darüber hinaus die Vorhersage des Spaltmaßes sowie der Querschnittsreduktion des Drahtes in Abhängigkeit der Drahtzugspannung und gibt Aufschluss über Spannungs- und Dehnungsverteilungen im Kupferdraht. Somit stellt diese eine zweckmäßige Methode zur Prozessauslegung dar. Ferner konnten die Drahtschwingungen als ein prozessbedingter Parameter durch analytische Methoden, durch ein Mehrkörpersimulationsmodell sowie durch dazugehörige Messungen mittels einer High-Speed-Kamera dargestellt werden. Dabei wurde festgestellt, dass diese insbesondere durch die sich ständig im Prozess verändernde freie Drahtlänge bestimmt werden. Daraus hat sich ein neues Aktorprinzip entwickelt, welches in der Lage ist, die freie Drahtlänge aktiv auszuregeln. Für diesen Ansatz wurde ein Prozessfenster erarbeitet, in dem der eingesetzte fluidische Muskel optimal arbeitet und dadurch bei Hochgeschwindigkeitswickelversuchen in der Lage ist, die freie Drahtlänge auszugleichen. Das Spaltmaß wiederum konnte durch die Optimierung der Spulenkörpergeometrie für die dickeren Drahtdurchmesser wesentlich verringert werden. Für die dünneren Drahtdurchmesser wurde das Aktorprinzip Piezo-Aktor ausgewählt, um den Drahtführer im Prozess zusätzlich zu bewegen und eine Vorplastifizierung des Drahtes zu vermeiden. Die Funktionalität dieses Aktoreinsatzes konnte dabei nachgewiesen werden. Da die analysierten Parameter in direktem Zusammenhang zur Effizienz einer Spulenwicklung stehen und somit zum Wirkungsgrad des Elektromotors beitragen, kann durch die beschriebenen Erkenntnisse eine Effizienzsteigerung erzielt werden. Dabei wird bspw. eine Reduzierung der Kupferverluste über eine Erhöhung des Füllfaktors durch kleinere Spaltmaße erreicht.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Development of forming and product properties of copper wire in a linear coil winding process. In: Proceedings of the 7th Electric Drives Production Conference (EDPC), S. 13–18, Würzburg, 2017
    Komodromos, A., Löbbe, C., Tekkaya, A. E.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1109/EDPC.2017.8328143)
  • Drahtschwingungen beim Linearspulenwickeln. In: Draht, Meisenbach Verlag, März 2017
    Hofmann, J., Flohr, L., Kistner, J. u. Fleischer, J.
  • Experimental and numerical investigations of wire bending by linear winding of rectangular tooth coils. ESAFORM, Palermo, S. 150007-1–150007-6, 2018
    Komodromos, A., Tekkaya, A. E., Hofmann, J., Fleischer, J.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1063/1.5035014)
  • Optimization of the linear coil winding process by combining new actuator principles on the basis of wire forming analysis. In: Proceedings of the 8th Electric Drives Production Conference (EDPC), S. 11–16, Schweinfurt, 2018
    Hofmann, J., Fleischer, J., Komodromos, A., Tekkaya, A. E.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1109/EDPC.2018.8658264)
 
 

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