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Exemplarische Untersuchung der Text-und Überlieferungsgeschichte des Büchleins der ewigen Weisheit Heinrich Seuses

Fachliche Zuordnung Germanistische Mediävistik (Ältere deutsche Literatur)
Evangelische Theologie
Katholische Theologie
Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung von 2015 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 272921339
 
Erstellungsjahr 2018

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ziel des Projekts war, die Grundlage für eine kritische Neuedition des 'Büchleins der ewigen Weisheit' (BdeW) Heinrich Seuses zu schaffen, welche die überlieferten Textfassungen und Redaktionen des Werkes dokumentiert und die Ausgabe Karl Bihlmeyers aus dem Jahr 1907 ersetzt. Hierzu wurde die Text- und Überlieferungsgeschichte des BdeW anhand zweier ausgewählter Kapitel des BdeW (Kap. 7 und 13) exemplarisch untersucht. Hierzu wurden insgesamt 127 vollständige Textzeugen des BdeW und 30 Textzeugen, die die Kapitel 7 und 13 separat überliefern, vollständig kollationiert, wobei wegen des historisch belegten engen Austausches zwischen ober- und niederrheinischer Mystik im 14. und 15. Jahrhundert (Gottesfreundbewegung, Fraterherren, Devotio moderna) nicht zwischen ober- und niederdeutscher bzw. niederländischer Überlieferung unterschieden wurde. Auf Grundlage der Kollationierung wurde die Textgeschichte beider Kapitel analysiert: Textgeschichtlich teilt sich die Überlieferung des BdeW in zwei Gruppen X und XY, die sich wesentlich durch die divergierende Wiedergabe zweier Kernsätze aus den Kapiteln 7 und 13 konstituieren. Während die Überlieferungsgruppe X diese Sätze in dem Wortlaut der Leithandschrift der Ausgabe Karl Bihlmeyers (Straßburg, BNU, ms. 2929) bietet, überliefert die Gruppe XY beide Sätze in einer Gestalt, die von einer Mischfassung (Y) aus BdeW und einer Verdeutschung des lateinischen 'Horologium Sapientiae' (Hor.) Heinrich Seuses beeinflusst ist. Beide Überlieferungsgruppen stehen hinsichtlich ihrer geographischen und zeitlichen Verbreitung gleichberechtigt nebeneinander, wobei allerdings Gruppe X mit 69 Textzeugen gegenüber Gruppe XY mit 43 Textzeugen leicht übenrviegt: Die von dem 'Horologium'-. beeinflusste Überlieferungsgruppe XY ist bereits Ende des 14. Jahrhunderts belegt und in ' Textzeugen sowohl aus dem mittel-, nieder- und oberdeutschen Sprachgebiet überliefert. lhr kommt somit in der Überlieferung des BdeW der gleiche Stellenwert zu wie der Überlieferungsgruppe X, da beide wesentliche Rezeptionsformen des Werkes Heinrich Seuses repräsentieren. In der Edition Karl Bihlmeyers tritt die Überlieferungsgruppe XY nicht in Erscheinung, da Bihlmeyer sich auf die Ausgabe eines authentischen Autortextes konzentriert, wie er im Prolog zum 'Exemplar' der Schriften Seuses postuliert wird. Bihlmeyers Edition von 1907 kann somit als überholt gelten; eine Neuedition des BdeW, die beide überlieferte Textfassungen abbildet, ist mithin dringendes Desiderat. Eine synoptische textkritische Edition beider Überlieferungsgruppen wurde im Projekt erarbeitet und kann als exemplarisch für eine Neuedition des gesamten BdeW gelten. Opinio communis der Forschung ist, dass die Überlieferung des BdeW von dem von Seuse selbst autorisierten Exemplar ihren Ausgang genommen habe. Die exemplarische Textgeschichte des BdeW zeigt jedoch, dass das BdeW in den Exemplar-Handschriften nicht in einer einheitlichen Textgestalt überliefert ist, und dass einzelne Exemplar-Handschriften, die das BdeW enthalten, in enger Venvandtschaft zu unterschiedlichen Handschriften stehen, die das BdeW separat überliefern. Die Bedeutung des Exemplars für die Überlieferung der deutschen Schriften Seuses, insbesondere des BdeW, ist also zu revidieren bzw. neu zu bewerten.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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