Detailseite
Projekt Druckansicht

Die Rolle sozialer Motive bei der Imitation non-funktionaler Handlungen im Vorschulalter

Fachliche Zuordnung Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie
Förderung Förderung von 2015 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 272519083
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Imitation von Handlungen, die keine offensichtlich Funktion zur Erreichung eines bestimmten Ziels haben, kann im Alltag und in verschiedenen menschlichen Kulturen beobachtet werden. Diese Nachahmung unnötiger Handlungen wird auch als "Überimitation" bezeichnet. Obwohl sich eine schnell wachsende Zahl von Studien mit diesem Phänomen beschäftigt hat, wird immer noch darüber diskutiert, warum es auftritt. So wurde vorgeschlagen, dass Kinder überimitieren, weil sie Handlungen fälschlicherweise als kausal relevant interpretieren. Auf der anderen Seite wurden soziale Motivationen angenommen: Kinder könnten aus dem Wunsch nach Zugehörigkeit heraus überimitieren oder weil sie davon ausgehen, dass die ihnen gezeigten Handlungen normativ sind und somit Regeln entsprechen, die auch sie befolgen sollten. In insgesamt fünf empirischen Studien haben wir die funktionalen und sozialen Motive von Kindern, die der Überimitation zugrunde liegen könnten, gegenübergestellt. Zusammengenommen haben wir festgestellt, dass keines der bisherigen Erklärungsmodelle das Phänomen allein erklären kann. Während soziale Motive die Neigung der Kinder zur Überimitation verstärken können, verringert das Wissen um eine effizientere Lösung die Überimitation. Wir schließen aus unseren Befunden, dass Überimitation am besten erklärt werden kann, indem man von zwei Arten von zugrunde liegenden kognitiven Prozessen ausgeht: Sogenannte Typ-1-Prozesse, also schnelle, implizite und heuristische Prozesse, die zu einer unüberlegten Nachahmung ohne Hinterfragen des Sinns der Handlung führen, und so genannte Typ-2-Prozesse, systematische, langsame und aufwendige Prozesse, die eine durchdachte Strategie bereitstellen, was zu einer überlegten und daher selektiven Nachahmung führt. Sowohl das Pauschalkopieren (Typ-1) als auch das reflektierende Kopieren (Typ-2) können zu Überimitation führen, woraus folgt, dass Überimitation unterschiedliche zugrundeliegende Mechanismen und Motivationen haben kann. Während das Pauschalkopieren ein heuristisches Verhalten ist, das relativ unempfindlich gegenüber kontextuellen Einflüssen ist, ist das reflektierende Kopieren stärker durch externe und interne Faktoren beinflussbar, u.a. kontextuelle Einflüsse wie die Kommunikation Modells und aktuell relevante Ziele der Versuchsperson. Unsere Studien werfen ein neues Licht auf die zugrunde liegenden Motive der Überimitation und legen den Grundstein für die weitere Erforschung und ein tiefergehendes Verständnis des Phänomens.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2018). Contrasting social and cognitive accounts on overimitation: The role of causal transparency and prior experiences. Child Development, 89(3), 1039-1055
    Schleihauf, H., Graetz, S., Pauen, S., & Hoehl, S.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1111/cdev.12780)
  • (2019). ‘Overimitation’: A review and appraisal of a decade of research. Developmental Review, 51, 90-108
    Hoehl, S., Keupp, S., Schleihauf, H. McGuigan, N., Buttelmann, D., & Whiten, A.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.dr.2018.12.002)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung