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Retinsäurehomöostase und Depression

Fachliche Zuordnung Biologische Psychiatrie
Molekulare Biologie und Physiologie von Nerven- und Gliazellen
Förderung Förderung von 2015 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 271300457
 
Erstellungsjahr 2021

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Retinsäure ist der hormonell aktive Metabolit der Vitamin-A-Familie und ist maßgeblich an der embryonalen Hirnentwicklung beteiligt. Die Retinsäure ist weiterhin ein neuroprotektiver und antientzündlicher Faktor, welcher auch im erwachsenen Gehirn eine wichtige Rolle spielt. Hier wird insbesondere die synaptische Plastizität durch Retinsäuregradienten fortlaufend angepasst, wobei die lokale Regulation von Retinsäure-Gewebespiegeln sehr engmaschig reguliert ist. Eine übermäßige Zufuhr von Retinoiden kann zu einer Veränderung der homöostatisch regulierten Gewebespiegeln führen und ist mit dem Auftreten depressiver sowie psychotischer Syndrome assoziiert. Es liegt also nahe, dass veränderte Retinsäurehomöostase eine Rolle in der Pathogenese sowohl depressiver als auch weiterer psychiatrischer Störungen spielen, und Retinsäurehomöostase ggfs. als therapeutisches Target in Frage kommen könnte. Diese Fragestellung wurde im geförderten Vorhaben auf verschiedenen klinischen und präklinischen Ebenen untersucht. Während in der klinischen Beobachtungsstudie keine Veränderung der peripheren Retinsäurespiegel nachgewiesen werden konnte, zeigten sich bei depressiven Patienten u.a. erhöhte Retinolspiegel und eine erhöhte Retinsäure-Syntheserate (Hellmann-Regen in preparation). In den präklinischen Untersuchungen zeigte sich zunächst für das Antidepressivum Fluoxetin, als auch für das neuroprotektive, antientzündliche Minocyclin ein retinoiderger Mechanismus, welcher schließlich über eine lokale pharmakokinetische Interaktion durch Hemmung des Retinsäureabbaus erklärt werden konnte. In klinischen Pilotstudien, welche in Vorbereitung auf die Untersuchung depressiver Patienten durchgeführt wurden, konnten bei Patienten mit bekannter Alkoholabhängigkeit sowie Schizophrenie zunächst patientenspezifische Zellkulturmodelle und weitere Messmethoden etabliert werden. In diesem Rahmen konnte bei Patienten mit Alkoholabhängigkeit interessanterweise eine massiv dysregulierte Retinsäurehomöostase mit stark erhöhten Retinsäurespiegeln aufgezeigt werden. Diese zuvor nur im Tierversuch und mit widersprüchlichen Ergebnissen aufgezeigte Veränderung konnte hier erstmals in einer klinischen Population nachgewiesen werden, was weiterhin eine Beteiligung an der Entstehung des fetalen Alkoholsyndroms nahelegt. Weiterhin konnte bei Patienten mit Schizophrenie eine ebenfalls deutlich veränderte Retinsäurehomöostase nachgewiesen werden mit reduzierten peripheren Retinsäurespiegeln und weiteren Hinweisen auf ein Retinsäuredefizit, welches interessanterweise bei mit Clozapin behandelten Patienten nicht mehr bestand. In diesem Zusammenhang konnte ein starker Einfluss von Clozapin und seinen Metaboliten auf Retinsäurehomöostase nachgewiesen werden. Hier konnte mit Unterstützung der Netherlands Brain Bank sogar in humanem Hirngewebe aufgezeigt werden, dass Clozapin ex vivo in physiologischer Konzentration zu einer signifikanten Beeinflussung der Retinsäurehomöostase führt. Die Befunde sowohl bei Alkoholabhängigkeit als auch bei Schizophrenie können als überraschende Erkenntnisse im Rahmen des Projektes gewertet werden. Veränderungen der Retinsäurehomöostase sowohl bei Alkoholabhängigkeit als auch bei Schizophrenie waren zwar erwartet, das Ausmaß der Veränderungen, jeweils auf verschiedenen Ebenen (Genexpression, Bioassay, HPLC-Messungen), war jedoch unerwartet deutlich ausgeprägt und soll dementsprechend in Folgeprojekten nun systematisch weiter untersucht werden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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