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Der Anspruch aus der Ferne. Ein ethisch-philosophischer und ethisch-theologischer Beitrag zur Debatte über die Verantwortung für die zukünftigen Generationen aus der Perspektive einer Phänomenologie der Andersheit.
Antragstellerin
Professorin Dr. Elisabeth Gräb-Schmidt
Fachliche Zuordnung
Evangelische Theologie
Förderung
Förderung von 2015 bis 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 269749623
Die Relevanz der Problematik, die unsere Verantwortung gegenüber den zukünftigen Generationen betrifft, manifestiert sich inzwischen in jedem Bereich des öffentlichen Lebens. Die wachsende Sorge bezüglich Thematiken wie etwa der globalen Erwärmung und des Klimawandels, die Forderung nach einer nachhaltigen Entwicklung, aber auch der Schutz des genetischen und kulturellen Erbes rotieren immer um dieselbe Frage: Wie können wir sowohl unseren Nachkommen als auch den Erdbewohnern einer fernen Zukunft ein lebenswertes Leben hinterlassen?Weist die Wahrnehmung einer solchen Verantwortung einen weitläufigen und diffusen Charakter auf, bleibt hingegen die theoretische Frage, die ihre Rechtfertigbarkeit und Begründetheit betrifft, bis heute unbeantwortet. Kaum beginnt man, die aktuelle Diskussionslage zu untersuchen, gerät man in eine unversöhnliche Grunddivergenz: Diese tut sich auf zwischen denjenigen Positionen, die eine intergenerationelle Verantwortung klar unterstützen, und denjenigen, die sie aufgrund fehlender motivationaler Begründung in Frage stellen. Dabei muss sich die Theologie vor allem gegen den immer wieder vorgebrachten Einwand positionieren können, dass sie nichts zu diesen Fragen beitragen könne, weil sie in ihrer vorherrschenden eschatologischen Orientierung, eine genuin auf die Zukunft gerichtete Ethik nicht zuließe, im Gegenteil sei sie in dieser Ausrichtung eher eine von deren Hauptwidersachern. Stellt sie sich Problematisierungsstandards der philosophischen Debatte, dann kann sie von innen heraus signifikant auf die Debatte einwirken, indem die theologische Perspektive die Grundmotive der von uns gesuchten Alternativen und auf dem Primat der Andersheit basierenden ethischen Gedankens nicht nur nachzeichnet, sondern verstärkt. Daraus ergibt sich das Desiderat, religionstheoretische bzw. theologische Überlegungen für die intergenerationelle Gerechtigkeitsdebatte ins Spiel zu bringen. Gewinnbringend verspricht das für die Differenzierungskraft von Theologie und Philosophie zu sein. Die Theologie kann das Profil ihrer Überlegungen bezüglich der Frage der Verantwortung für die Zukunft durch den Diskurs mit den philosophischen Ansätzen verschärfen, und dies kann rückwirkend auch auf die philosophischen Ansätze ausstrahlen, indem dort durch die religionstheoretischen Transzendenzbestimmungen ein Gewinn an Differenzierung erzielt werden kann. In diese Diskursbeschreibung fügt sich unser Projekt ein. Seine neue Perspektive wird durch die Einbringung eines phänomenologischen Ansatzes konstituiert sein, der sich um den Primat der Andersheit zentriert. Sein entscheidender theoretischer Ansatzpunkt wird sich im Lichte dieses Primats darin zeigen, dass die Rechtfertigung einer Verpflichtung gegenüber der Zukunft ihr radikales motivationales Fundament in einem irreduziblen Anspruch an die Verantwortung findet, der selbst in einer Transzendenz wurzelt, die gleichzeitig eine horizontal-ethische und eine vertikal-theologische Dimension impliziert.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen