Die Bedeutung von begrenzter Rationalität und heuristisches Entscheiden für die Verbreitung von Wetterindexversicherungen in der Landwirtschaft
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Seit einiger Zeit wird der Einsatz von Wetterindexversicherungen auch für die Landwirtschaft intensiv diskutiert. Obwohl am Markt mittlerweile entsprechende Angebote bestehen, sind Wetterindexversicherungen in der Landwirtschaft nach wie vor nicht verbreitet. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob begrenzte Rationalität ein Erklärungsansatz für die fehlende Adoptionsbereitschaft sein kann. Mangels der Möglichkeit, entsprechende Daten in natürlichen Experimenten zu beobachten, muss auf ökonomische Experimente zurückgegriffen werden. Das Hauptziel des Forschungsvorhabens besteht deshalb darin, Präferenzparameter mit maßgeblichem Einfluss auf die Versicherungsentscheidung zu messen und den Einfluss von begrenzter Rationalität und heuristischem Verhalten auf die Nachfrage nach wetterindexbasierten Versicherungen in der Landwirtschaft experimentell zu untersuchen. Dazu ist die Lösung von zwei zusammenhängenden Problembereichen erforderlich: 1. Bestimmung der verschiedenen Präferenzparameter einer Nutzenfunktion (Risikoeinstellung, Verlustaversion und Zeitpräferenz) und 2. die experimentelle Untersuchung des Einflusses begrenzter Rationalität und heuristischem Verhalten im Kontext wetterindexbasierter Versicherungen. Die Ergebnisse zeigen, dass bezüglich der experimentellen Messung der Risikoeinstellung bereits zuverlässige Methoden, auch im Zusammenhang mit der Versicherungsentscheidung, verfügbar sind. Im Gegensatz dazu sind für die Messung der Zeitpräferenz für die Versicherungsentscheidung als intertemporale Problemstellung noch einige methodische Forschungsfragen zu klären. Hinsichtlich des Nutzenparameters „Verlustaversion“ sind vor allem biologische Komponenten für die individuelle Manifestation verantwortlich. Hier gilt es, sich dieser Gegebenheiten bewusst zu werden, um ökonomisch suboptimales Verhalten bei der Versicherungsentscheidung zu reduzieren. Hinsichtlich der Anwendung von Wetterindexversicherungen lässt sich - über die Präferenzparameter hinaus - festhalten, dass eine staatliche Förderung von Wetterindexversicherungen sowohl von Studierenden der Agrarwissenschaften als auch von deutschen Landwirten als Gütesignal wahrgenommen wird und subventionierte Handlungsalternativen gewählt wurden, ohne ihre relative ökonomische Vorzüglichkeit mit Hilfe eigener Plankalkulationen zu analysieren. Mit anderen Worten: Staatliche Subventionen lösen die Befürchtung aus, dass es unvorteilhaft ist, diese nicht zu nutzen. Dies lässt sich als begrenzt rationale Heuristik verstehen, dass die Wahl staatlich subventionierter Handlungen per se sinnvoll ist.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- (2015). Muss man begrenzte Rationalität und heuristisches Entscheiden bei der Erklärung für die Verbreitung von Wetterindexversicherungen in der Landwirtschaft berücksichtigen? Eine Untersuchung auf der Basis eines Extra-Laboratory-Experiments. German Journal of Agricultural Economics 63(2): 67-80
Mußhoff, O., Grüner, S. & Hirschauer, N.
- (2016). Measuring time preference – Comparing methods and evaluating the magnitude effect. In: Journal of Behavioral and Experimental Economics 65: 16-26
Hermann, D. & Mußhoff, O.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.socec.2016.09.003) - (2017). Comprehension in risk elicitation experiments. In: Applied Economics Letters 24(9): 627-634
Rommel, J., Hermann, D., Müller, M. & Mußhoff, O.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1080/13504851.2016.1217302) - (2017). Determinants of financial loss aversion: The influence of prenatal androgen exposure (2D:4D). In: Personality and Individual Differences 117: 273-279
Hermann, D.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.paid.2017.06.016) - (2018). Bounded rationality and the adoption of weather index insurance: Evidence from an extra-laboratory experiment with farmers in Germany. In: Agricultural Finance Review 78(1): 116-134
Mußhoff, O., Hirschauer, N., Grüner, S. & Pielsticker, S.
(Siehe online unter https://doi.org/10.1108/AFR-02-2017-0008)