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Deliberative Interaktionen in Nutzerkommentaren. Eine Mehr-Ebenen-Analyse verschiedener Einflussfaktoren auf Umfang und Qualität von Diskussionen im Internet.

Fachliche Zuordnung Publizistik und Kommunikationswissenschaft
Förderung Förderung von 2014 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 265968643
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Projekt wurde zunächst ein theoretisches Modell entwickelt. Aus lerntheoretischer Sicht wird erstens untersucht, inwieweit unterschiedliche deliberative Qualitätskriterien und ihre graduelle Ausprägung in der journalistischen Berichterstattung zu mehr oder weniger fundierter Meinungsbildung in anschließenden Diskussionen des Publikums beitragen. Zweitens werden aus Sicht der Partizipationsforschung zwei gegenläufige Annahmen miteinander verknüpft, um zu analysieren, in welchem Umfang öffentliche Meinungsäußerungen in Kommentarbereichen durch die Konformitätsannahme der Schweigespirale oder die Corrective-Action-Annahme motiviert sind. Unter Hinzunahme der Annahmen aus der Balance Theory, der zufolge aufgrund des Strebens nach Dissonanzvermeidung nur bestimmte Konstellationen aus Zustimmung und Widerspruch zu erwarten sind, können so unterschiedliche Prozesse der Meinungsäußerung und ihre Auswirkung auf die gesamte Diskussion im Zusammenhang betrachtet werden. Drittens wird aus sozialpsychologischer Sicht die Fokustheorie normativen Handelns herangezogen, um zu erklären, welchen Grad deliberativer Qualität öffentliche Meinungsäußerungen aufweisen. Als Bedingungen werden zwei Typen von Normen und deren Salienz in den Mittelpunkt der Erklärung gestellt. Während sich der erste Normentyp auf das vorherrschende Verhalten der meisten Beteiligten in einer Diskussion bezieht (deskriptive Norm), berücksichtigt der zweite Normentyp Ansprüche an das Verhalten der Diskussionsbeteiligten von Seiten der Redaktion (injunktive Norm). Viertens werden auch Diskussionsarchitekturen, verstanden als eingesetzte Kommunikationstechnologien (technische Optionen) mit variierender sozialer Ausgestaltung durch Betreiber von Nachrichtenwebsites und Publikum, in die Erklärung deliberativer Qualität in Diskussionsbeiträgen einbezogen. Aus methodischer Sicht war die Durchführung der relationalen Inhaltsanalyse der Diskussionsbeiträge auf Nachrichtenwebsites ein wichtiger methodischer Fortschritt des Projekts. Dieses Vorgehen ermöglicht es zusätzlich zu bisherigen nicht-relationalen Inhaltsanalysen, Entstehungsbedingungen von Diskussionsbeiträgen im sozialen Kontext vorheriger Diskussionsbeiträge zu analysieren. Aus netzwerkanalytischer Sicht können mit der relationalen inhaltsanalytischen Datenerhebung (1) Dyaden von Diskussionsbeiträgen, (2) Triaden von Diskussionsbeiträgen und (3) Diskussionsergebnisse auf Basis aggregierter Triaden pro Diskussion hinsichtlich von Meinungskonstellationen und Konstellationen deliberativer Qualitätskriterien in den Blick genommen werden. Dieses Vorgehen ermöglicht auch, die Bedingungen von Diskussionsergebnissen aus dynamischer Sicht zu betrachten. Aus empirischer Sicht liegen bislang erste und vorläufige Ergebnisse (1) zum vergleichenden Einfluss von deliberativen Qualitätsmerkmalen in der Berichterstattung, (2) von Elementen bestehender Diskussionsarchitekturen, (3) von Eigenschaften vorausgehender Kommentare bzw. von bestehenden Gruppennormen in Diskussionsbereichen auf die deliberative Qualität von Diskussionsbeiträgen vor. Auf Basis der erhobenen Daten ist zu erwarten, dass neue Erkenntnisse zur Erklärung deliberativer Qualität durch die drei vergleichenden Einflussebenen gewonnen werden. Als "Überraschung" im Projektverlauf haben sich die häufig wechselnden Elemente der Diskussionsarchitektur erwiesen, die im Verlauf des Projekts zu zunehmend mehr Einschränkungen der Varianz auf dieser Untersuchungsebene führten. Weiterhin ist das Kommentaraufkommen im Vergleich zu Schätzungen im Projektantrag enorm angestiegen. Dies führte zu einem hohen Codieraufkommen bei gleichzeitig sehr hohem Aufwand der relationalen Codierung. Dem hohen Kommentaraufkommen konnte nicht mit einer Stichprobenziehung begegnet werden, da angedachte Netzwerkanalysen eine vollständige Datenerhebung verlangen. Demzufolge wurde die vollständige Datenerhebung erst Ende Oktober 2019 abgeschlossen, sodass momentan nur erste und vorläufige Ergebnisse vorliegen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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