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Langzeiteffekte einer pränatalen Therapie mit synthetischen Glukokortikoiden auf die psychosoziale Stressreaktivität und volitionale Kontrolle in Kindheit und Jugendalter

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie
Förderung Förderung von 2014 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 265642394
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Eine pränatale Gabe synthetischer Glukokortikoide (sGC) zur Beschleunigung der Lungenreifung gilt aktuell als Standardtherapie bei Frühgeburtsbestrebungen, die zuverlässig respiratorische Komplikationen bei Frühgeborenen reduziert. Trotz unbestreitbarer Vorteile werden pränatal verabreichte sGC als mögliche Ursache für dauerhafte Veränderungen neuraler Schaltkreise diskutiert, die eine zentrale Rolle für die Regulation von Stresshormonen und kognitiven Prozesse spielen. Bisherige Forschung zu endokrinen, neuronalen und kognitiven Veränderungen in Folge einer pränatalen sGC Therapie stützt sich dabei fast ausschließlich auf einzelne Messungen kurz nach der Geburt, wobei die Frühgeburt in diesen Studien eine konfundierende Variable darstellt. Anknüpfend an bisherige Forschungsergebnisse unserer Arbeitsgruppe an einer Kohorte reifgeborener Kinder, konnten innerhalb des Projekts erstmals prospektiv Langzeiteffekte einer pränatalen sGC Therapie auf die akute Stressreaktivität bis ins Jugendalter nachgewiesen werden. Diese endokrinen Auffälligkeiten bezogen sich dabei spezifisch auf dynamische Cortisolstressreaktionsmuster und zeigten sich nicht im Hinblick auf basale, chronische Stresshormonkonzentrationen im Kopfhaar. Erste vorläufige epigenetische Analysen der DNA Methylierung innerhalb einzelner, stressrelevanter Gene (FKBP5) gaben in diesem Zusammenhang bisher keinen Aufschluss über die zugrundeliegenden molekularen Mechanismen. Künftig sollen mittels moderner Analysen (polygene epigenetische Scores) potentielle epigenetische Mechanismen innerhalb unserer umfassend phänotypisierten Kohorte untersucht werden. Im Hinblick auf unsere EEG Studien zeigt sich außerdem, dass sich die Auswirkungen einer pränatalen sGC Therapie auf neuronale Reaktionsmuster insbesondere unter Bedingungen manifestieren, die eine hohe endogene Kontrolle erfordern (z.B. Daueraufmerksamkeit). Hierbei konnte ein parieto-frontales Netzwerk identifiziert werden, dessen Funktionalität sich während der Bearbeitung von Aufgaben, die kognitive Kontrolle, bzw. Konfliktüberwachung verlangen, in Abhängigkeit einer pränatalen sGC Therapie unterscheidet. Zusammenfassend weisen die Projektergebnisse auf eine andauernde pränatale Programmierung endokriner und neuronaler Auffälligkeiten in Folge einer pränatalen sGC Gabe hin, die wiederum als Vulnerabilitätsfaktoren für verschiedenste (psychische) Erkrankungen diskutiert werden. Daraus ergeben sich nicht nur Anknüpfungspunkte für weitere Forschungsvorhaben im Bereich der Entwicklungs-neurowissenschaften und Stressforschung, sondern auch praktische Implikationen, da die Verwendung von sGC in der Geburtshilfe weit verbreitet ist (7-10% der Frauen) und aktuell auch einen substantiellen Anteil reifgeborener Kinder betrifft.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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