Gotik und Informatik: Strukturelle Analyse gotischer Kirchen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Teil I der Monographie mit den Projektergebnissen leitet und ordnet ein: die Strukturelemente der Gotik, die Stabilität der Bauwerke, der geschichtliche Hintergrund der Gotik, die Ausbreitung des Stils in Europa und die Harmonie der Bauwerke. Teil II stellt einzelne Bauwerke in Europa vor und gibt damit einen Überblick über diesen europäischen Baustil: die klassischen französischen Kathedralen, die strukturelle Vielfalt gotischer Basiliken in England, die Sonderformen im Hl. Röm. Reich, wie Münsterkirchen, Hallenkirchen und Backsteinkirchen und die besonderen Ausprägungen der Gotik in den Niederlanden, in Italien, Spanien und Portugal. Teile I und II bieten nichts Neues für den Baugeschichtler, sind aber kompakte Einführungen für einen interessierten Informatiker und Ingenieur. Teil III dient der Modellierung, nämlich dem virtuellen Nachbau, der Modifikation und dem Neubau gotischer Kirchen mithilfe eines CAAD-Systems. Das ist neu für den Baugeschichtler, aber eher vertrautes Terrain für den Informatiker/ Ingenieur. Für letztere ist aber die Thematik neu. Ausgangspunkt ist die Modellierung der Volumenelemente, deren Vervielfachung und Modifikation am Beispiel der Kathedrale von Reims gezeigt wurde, eine Besonderheit wegen der Uniformität dieser Kirche. Die Modellierung ist kleinteiliger bei der Kathedrale von York, wegen der Unterschiede von deren Bauteilen aus verschiedenen gotischen Epochen. Eine ähnliche Technik lässt sich für Münsterkirchen in Süddeutschland anwenden. Verschieden ist die Modellierung von Hallen und Zentralbauten. In diesem Teil Ill werden auch Modifikationen behandelt (Reims mit Hauben, Mailand rein gotisch, Köln mit breiterem Westwerk), was für baugeschichtliche Diskussionen förderlich sein kann. Ebenso kann die baugeschichtliche Entstehung, z.B. York aus der normannisch-romanischen Vorgängerkirche, sauber nachvollzogen werden. Wir finden hier auch Neubauten: eine moderne Gemeindekirche mit unterschiedlichen, neuartigen, “gotischen” Gewölben. Teil IV stellt den Bezug zum Entwurf in Informatik und Ingenieurwissenschaften her. Die möglichen Wiederverwendungsformen werden vorgestellt und es wird diskutiert, wo sie im CAAD-Entwurf und auch zur Zeit der Gotik verwendet wurden. Das Gleiche geschieht für die Idee der Parametrik/ Generiziät, die eher für kleinere und größere Teil anwendbar ist als für gesamte Kirchen. Klassifizierung durch Merkmalsschemata und Klassifikation in Form von Klasseneinteilungen werden diskutiert. Der Entwurfsprozess wird genauer betrachtet und es stellt sich heraus, dass agile Entwicklung sowie klare Verantwortlichkeiten bereits damals eine Rolle gespielt haben. Entwurfsprozesse können formalisiert werden, verändern sich beim Wiederholen und auch durch Unwägbarkeiten bei der Prozessausführung. Architekturen im Ba wesen, für Software und in der Gotik werden einander gegenübergestellt. Der intelligente Entwurf für spezifische Gebäudeklassen wird diskutiert und die Rolle von Domänenwisssen und Wiederverwendung. Eine Unterstützung des Entwurfsprozesses wird insbesondere bei bei spezifischen Klassen von Gebäuden/ Systemen und zugrundeliegendem Domänenwissen ertragreich. Teil V betont die Relevanz der Gotik auch in heutiger Zeit, fasst die wichtigen Ideen und Beiträge des Buches zusammen und erörtert, inwieweit es neue Aspekte beleuchtet hat und zu einer neuen Verbindung von Baugeschichte und Informatik/ Ingenieurwissenschaften beigetragen hat. Die Ideen der Modellierung lassen sich übertragen: auf andere Epochen der Baugeschichte, was anhand verschiedener Strukturen von Moscheen gezeigt wird. Sie lassen sich insbesondere auch auf neue Gebäude übertragen, was durch die Beispiele Bürogebäude und Fabrikgebäude demonstriert wird.