Detailseite
Projekt Druckansicht

Aufklärung und Nutzung thermophysikalisch-chemischer Mechanismen der Oberflächen-desoxidation zum Löten von Edelstählen unter silandotiertem Argon-Grobvakuum

Fachliche Zuordnung Beschichtungs- und Oberflächentechnik
Experimentelle Physik der kondensierten Materie
Thermodynamik und Kinetik sowie Eigenschaften der Phasen und Gefüge von Werkstoffen
Förderung Förderung von 2014 bis 2019
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 265041777
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Es konnte gezeigt werden, dass die Edelstähle 1.4301 und 1.4762, die sich grundlegend in ihrem Lötverhalten unterscheiden, auch grundlegend in ihrem Verhalten nach Wärmebehandlung unterscheiden. Der für die technische Anwendung wichtigste Aspekt dürfte sein, dass das Verhalten von 1.4301 in der untersuchten Spanne offenbar keine Abhängigkeit vom Druck aufweist. Bei 1.4762 hingegen ist eine ausgeprägte Druckabhängigkeit zu beobachten. Die drei wesentlichen Unterschiede zwischen beiden Stählen bestehen im Vorliegen oder eben Nicht-Vorliegen stabiler Oxidphasen nach Wärmebehandlung sowie ausgeprägter Korngrenzen an der Oberfläche und schließlich im Desorptionsverhalten von Kohlenstoffmonoxid. Die Ausbildung einer stabilen Aluminiumoxidphase an der Oberfläche von 1.4762 scheint die Theorie zu bestätigen, dass Oxidfreiheit ein wichtiges Kriterium für die Benetzbarkeit mit flüssigem Lot während der Wärmebehandlung ist. Gleichzeitig aber bedeutet die Ausbildung der Oxidschicht auch, dass keine ausgeprägten und tiefen Korngrenzen an der Oberfläche vorliegen – im Gegensatz zu 1.4301, wo bei Benetzungsversuchen Korngrenzeninfiltration und damit die Ausbreitung des Lots über Korngrenzen beobachtet werden konnte. Wärmebehandlungen unter silandotierter Schutzgasatmosphäre führten nicht dazu, dass die Bildung des Aluminiumoxids gänzlich unterdrückt wurde. Kohlenstoffmonoxid-Desorption, als Prozess der Desoxidation während der Wärmebehandlung, liegt bei beiden Stählen vor, setzt allerdings bei 1.4301 bereits bei wesentlichen geringeren Temperaturen und in stärkerem Ausmaß ein als bei 1.4762. Dieses Ergebnis deckt sich mit der Erfahrung, dass 1.4762 bei wesentlich höheren Prozesstemperaturen – einige 100 °C mehr – gelötet werden muss als 1.4301, und auch dies nicht immer zum Erfolg führt. Die Diffusionsprofile von Kohlenstoff und Sauerstoff unterscheiden sich zwischen beiden Stählen in Oberflächennähe erheblich. Bezüglich eines dem UHV-Prozess adäquaten Restsauerstoffgehalts werden derartig sauerstofffreie Prozessbedingungen unter Argon durch Zumischung geringer Anteile an Monosilan zum Prozessgas erreicht. Wärmebehandlungs- bzw. Lötprozesse lassen sich hiermit sowohl unter Grobvakuumbedingungen als auch bei Atmosphärendruck durchführen. Im Gegensatz zu den UHV-Bedingungen entstehen hierbei aber u. a. Siliziumpartikel, die sich auf den Oberflächen der wärmebehandelten Stähle wiederfinden. Während die Benetzung von 1.4301 mit Lot hiervon nicht beeinflusst wird, scheint die Benetzbarkeit des aluminiumhaltigen Stahls 1.4762 hierdurch beeinträchtigt zu werden. Im Hinblick auf die Rolle des Kohlenstoffs als intrinsisches Reduktionsmittel zur Vermeidung resp. Eliminierung von Aluminiumoxid auf dem 1.4762 kommt hinzu, dass unter Grobvakuumbedingungen resp. bei Atmosphärendruck das Abdampfen des resultierenden Kohlenmonoxids oder anderer volatiler Suboxide (z.B. Al2O) unterdrückt wird, sodass in silandotierter Schutzgasatmosphäre dieser Mechanismus zur Desoxidation im Gegensatz zum HV und UHV entfällt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Mechanismen der Oberflächendesoxidation während des Vakuumlötens von Edelstählen. Tagungsband 1. Niedersächsisches Symposium Materialtechnik, 215-226, 2015
    Lienhard Wegewitz, Marcel Marschewski und Wolfgang Maus-Friedrichs; Ulrich Holländer und Kai Möhwald
    (Siehe online unter https://doi.org/10.21268/20160725-153045)
  • Construction of an experimental set-up for brazing stainless steel samples in low vacuum atmosphere consisting monosilane-doped argon. DVS-Berichte, Band: 325, LÖT 2016, 311-315, 2016. ISBN: 978-3-945023-64-8
    Simon Schöler, Ernesto Marin Zimmermann und Kai Möhwald; Cornelia Strauß und Wolfgang Maus-Friedrichs
  • Mechanisms of Surface Deoxidation of Stainless Steels in Vacuum Brazing Processes. DVS-Berichte, Band: 325, LÖT 2016, 181-185, 2016. ISBN: 978-3-945023-64-8
    Cornelia Strauß, Marcel Marschewski und Wolfgang Maus-Friedrichs; Simon Schöler, Ulrich Holländer und Kai Möhwald
  • Influence of Atmosphere during Vacuum Heat Treatment of Stainless Steels AISI 304 and 446. Journal of Materials Processing Technology, 264, 1-9, 2019
    Cornelia Strauß, René Gustus und Wolfgang Maus-Friedrichs; Simon Schöler, Ulrich Holländer und Kai Möhwald
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.jmatprotec.2018.08.038)
  • Oberflächen-Desoxidationsmechanismen von Edelstählen bei Vakuumlötprozessen. Tagungsband 3. Niedersächsisches Symposium Materialtechnik, 193-204, 2019
    Cornelia Strauß, René Gustus und Wolfgang Maus-Friedrichs; Simon Schöler, Ulrich Holländer und Kai Möhwald
    (Siehe online unter https://doi.org/10.21268/20190318-8)
  • Surface Deoxidation Mechanisms of Stainless Steels in Vacuum Brazing Processes. DVS-Berichte, Band: 353, LÖT 2019, 247-252, 2019. ISBN: 978-3-96144-060-3
    Cornelia Strauß, Lienhard Wegewitz, René Gustus und Wolfgang Maus-Friedrichs; Simon Schöler, Ulrich Holländer und Kai Möhwald
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung