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Heterogenität und Lesekompetenz: Die Rolle der institutionellen und häuslichen Lernumwelten

Fachliche Zuordnung Allgemeines und fachbezogenes Lehren und Lernen
Förderung Förderung von 2014 bis 2018
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 263906878
 
Erstellungsjahr 2019

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Ziel des vorliegenden Projekts war es, den Einfluss der häuslichen und institutionellen Lernumgebung auf frühe Indikatoren der Lesekompetenz auf Grundlage eines gemeinsamen theoretischen Modells zu untersuchen. Dazu wurden vier forschungsleitende Hypothesen formuliert und mittels Quer- und Längsschnittsanalysen der Startkohorte 2 des NEPS überprüft. In der Zusammenschau legen die durchgeführten Analysen eine additive Wirkung der Lernumgebungen nahe. So zeigte sich ein bedeutsamer Einfluss der institutionellen Qualität sowohl auf der Ebene der Kita-Gruppe als auch auf der Ebene des individuellen Kindes. Zugleich sprechen die Befunde nicht für eine kompensatorische Wirkung der institutionellen Lernumgebung in Relation zur häuslichen Lernumgebung. Vielmehr waren Selektionseffekte beim Zugang von Kindern aus Risikogruppen zu Kindergärten zu beobachten. Dies konterkariert die Möglichkeit, soziale Disparitäten abzubauen, eine der zentralen Funktionen institutioneller Qualität. Wenngleich wichtige Erkenntnisse zu den Wirkmechanismen häuslicher und institutioneller Qualitäten gewonnen werden konnten, so waren mit der Sekundäranalyse der NEPS-Daten auch Herausforderungen verbunden: (a) Da in der NEPS-Dokumentation eine Darstellung fehlt, inwiefern die erhobenen Indikatoren theoriebasiert eine oder mehrere Qualitätsdimensionen abbilden, musste eine post-hoc-Zuordnung der Indikatoren zu theoretischen Modellen vorgenommen werden. (b) Die Indikatoren der Kindergartenqualität wiesen z.T. kaum Varianz auf. Zur Erklärung des mangelnden Zusammenhangs zwischen der Einstellung zur Wichtigkeit von Sprachförderung sowie der Häufigkeit der Aktivität mit Büchern und dem Wortschatz müssen insofern auch statistische Gründe in Betracht gezogen werden. (c) Die Prozessqualität wurde über die Quantität bestimmter Aktivitäten, jedoch nicht über die Qualität der Interaktionen im Kindergarten erhoben. Zwar kommen Bäumer und Roßbach (2016) zu dem Schluss, dass die in NEPS eingesetzten Fragebögen zur Erfassung von Aspekten der Kindergartenqualität generell geeignet seien, jedoch wiesen die in NEPS erhobenen Variablen nur sehr geringe Zusammenhänge mit dem etablierten Beobachtungsverfahren Kindergarten-Skala auf. In den Peer-Review-Prozessen wurden wiederholt die resultierenden Leerstellen in der Operationalisierung der Qualitätsdimensionen moniert und die Validität der Prozessqualitätsmaße hinterfragt (a + c), was zu deutlichen Verzögerungen im Veröffentlichungsprozess führte. Welche Fragen blieben letztlich offen? Aufbauend auf unseren Erkenntnissen sollte in zukünftigen Studien die Art der Zusammenhänge zwischen einzelnen Qualitätsdimensionen und der Kompetenzentwicklung von Kindern betrachtet werden. Es ist zu eruieren, bei welchen Qualitätsdimensionen sinnvollerweise von linearen Zusammenhängen ausgegangen werden kann und bei welchen Aspekten der Qualität mit nichtlinearen Zusammenhängen zu rechnen ist. Sowohl theoretisch als auch empirisch müssen Schwellenwerte, aber auch die Möglichkeit U-förmiger Zusammenhänge in Betracht gezogen werden. Außerdem stellt sich die theoretische wie praktische Frage, wie weit die Domänenspezifität der Kindergartenqualität gedacht werden sollte. Neben den sprachlichen Fähigkeiten werden beispielsweise Mathematik und Naturwissenschaften, Musik und Medien sowie die persönliche und soziale Entwicklung eines Kindes als Bildungsbereiche der Kindergärten benannt (Jugendministerkonferenz der Länder und Kultusministerkonferenz der Länder 2004). Eine Theorieaufgabe bestünde darin, zu ermitteln, ob eine domänenspezifische Betrachtung der Kindergartenqualität für alle Bereiche möglich und angemessen ist und ob sich die einzelnen Domänen klar voneinander abgrenzen lassen. Daran schließt sich die Frage, inwiefern dies Veränderungen in der Praxis implizieren könnte. Denn je stärker Kindergärten auf Bildung und in ihrer Zielstellung auf die Vermittlung domänenspezifischer Kompetenzen ausgerichtet werden, desto fachspezifischer (bzw. auf Bildungsschwerpunkte bezogen) ließe sich die Ausbildung von Erzieherinnen und Erziehern denken.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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