Konstituierung von Region als Wissensraum. Der Beitrag von Volkskunde und Sprachforschung in Württemberg (1890-1930)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt „Konstituierung von Region als Wissensraum" konnte in den zwei Jahren seiner Laufzeit dank einer im Verbund „Volkskundliches Wissen" erarbeiteten gemeinsamen konzeptionellen Grundlage eine intensive, zugleich theoriegeleitete und quellennahe Forschung realisieren. Mit einer Aufmerksamkeit für Prozesse (Akteure und Praktiken) des Wissenstransfers war es möglich, die bislang nicht untersuchten Zusammenhänge von Staat, Wissenschaft und Öffentlichkeit im Feld der frühen Volkskunde in Württemberg zu analysieren. Techniken der Wissensproduktion, die dabei in Anschlag gebrachten ,Formate' und ihre Effekte für die nachhaltige Ausbildung von Wissensmilieus standen im Vordergrund der intensiven - zu einem nicht geringen Teil auf bislang ungesichteten Materialien basierenden - Quellenforschung im Sinne einer ,historischen Ethnographie'. Langzeitperspektiven und punktuelle mikrohistorische Zugriffe ergänzten sich im Forschungsdesign des Projekts fruchtbar und ermöglichten die Weiterentwicklung der zentralen Konzepte. Rekonstruiert werden konnten vorrangig die Übersetzungsvorgänge zwischen Erhebung und Veröffentlichung, die Ausbildung von ,Transaktionsräumen' sowie das Einschreiben der Wissensbestände in das Gedächtnis des einer kulturellen Landvermessung unterzogenen Raumes. Unübersehbar wurde dabei der Beitrag eines relativ überschaubaren, aber intensiv verflochtenen Milieus, das - zwischen staatlichem Auftrag und Selbstbeauftragung changierend - sowohl die Verantwortung für die akademische Institutionalisierung volkskundlichen Wissens als auch dessen kulturpolitische Implementierung übernommen hat. Die Recherchen des Projekts ergaben einen unvermutet umfangreichen und dichten Aktenbestand mit zahlreichen Querverbindungen der Archivüberlieferungen. Auch die Informationen zu bislang nicht beachteten Praktiken und habituellen Dispositionen in den der Forschung bereits bekannten Quellen sind wider Erwarten dicht. Die Annäherung an die Formate der Wissensgenerierung und des -transfers schärfte außerdem die Aufmerksamkeit für die materielle Dimension und ließ so Fragen und Perspektiven für künftige Forschungen erkennen. Was die Frage nach der Rolle volkskundlichen Wissens im staatlichen Integrationsprozess anlangt, konnten einerseits die Zugänge systematisiert, andererseits die historischen Linien mit ihren Brüchen und Kontinuitäten erkannt werden.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Die Fragen der Gegenwart und das Material der Vergangenheit. Zur (Re-)Konstruktion von Wissensordnungen. In: Andreas Hartmann, Silke Meyer, Ruth-E. Mohrmann (Hg.) Historizität. Vom Umgang mit Geschichte. Münster 2007, S. 183-197
Keller-Drescher, Lioba
- Häutungen eines Kultur-Fossils? Das Heimatmuseum in seinem zweiten Jahrhundert. In: Andreas Rudigier (Hg.): Heimat Montafon. Eine Annäherung (= Montafoner Schriftenreihe, Sonderband 4). Schruns 2007, S. 225-245
- Arbeit am Wortschatz. Hermann Fischer und das Schwäbische Wörterbuch. In: Wortschatz. Vom Sammeln und Finden der Wörter. (= Tübinger Kataloge, 81) Tübingen 2008, S.19-27
Keller-Drescher, Lioba
- Aus Schwabens Hain und Flur. Das württembergische Flurnamenarchiv. In: Wortschatz. Vom Sammeln und Finden der Wörter. (=Tübinger Kataloge, 81). Tübingen 2008, S.97-105
Keller-Drescher, Lioba
- Von alten Hüten und modernen Liebschaften. Notizen zur historischen Trachtenbegeisterung. In: T. G. Natter (Hg.): Schappele, Chränsle & Co. 96 traditionelle Kopfbedeckungen der Sammlung Kinz. Ausstellungskatalog des Vorarlberger Landesmuseum. Bregenz 2008, S. 8-27 [mit 9 Bildseiten]
- Wortschatz. Vom Sammeln und Finden der Wörter (= Tübinger Kataloge, 81). Tübingen 2008
Tschofen Bernhard, A. te Heesen, Kh. Wiegmann
- Wörter und Sachen - und Bilder. Max Lohss und die volkskundliche Wortforschung in Württemberg. In: Wortschatz. Vom Sammeln und Finden der Wörter. (= Tübinger Kataloge, 81). Tübingen 2008, S.117-125
Tschofen, Bernhard