Mechanismen der Luftstrom-induzierten Mechanorezeption/-transduktion sowie deren Bedeutungen beim Beatmungs-assoziierten Lungenschaden
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Mit Hilfe dieses von der DFG geförderten wissenschaftlichen Projektes konnte im Rahmen von WP1 gezeigt werden, dass Luftstrom-bedingter Scherstress eine Mechanorezeption-/transduktion im Sinne von Calciumoszillationen in alveolären und bronchialen Epithelzellen induziert. Der Einstrom des Calciums erfolgte von extra- nach intrazellulär. Es konnte ferner beobachtet werden, dass Antioxidantien, wie NAC, P-SOD und P-Katalase die Calciumoszillationen nicht beeinflussen. Allerdings konnte nach Herunterregulierung der NOX, welche ROS freisetzt, und der NO-Synthase, welche NO produziert, ein signifikant höherer Einstrom an Calcium gemessen werden. Wir beleuchteten die NO-Synthase, deren Untersuchung nicht Gegenstand des Antrages war, da wir mit dem Flavoenzyminhibitor DPI eine signifikante Hemmung der Calciumsignale induzierten und die NO-Synthase ein Flavoenzym ist. Wir schlussfolgerten aus den bisher erhobenen Daten, dass die membranständigen Enzyme NOX/NO-Synthase während Luftstromexposition ROS/NO produzieren und auf die Calciumoszillationen hemmend wirken, wobei sich die Produktion der reaktiven Metabolite nicht nach intrazellulär, sondern nach extrazellulär richtet. Die epitheliale Glykokalyx fungiert unter diesen experimentellen Bedingungen als Regulator des Calciumeinstroms durch ROS/NO, da nach Degradierung der Glykokalyx die Calciumsignale gehemmt waren. Die epitheliale Membran mit ihren Enzymen NOX und NO-Synthase waren ‚ungeschützter‘ und es fehlten die in der Gykokalyx gelösten extrazellulären Antioxidantien (SOD), um ROS/NO, welche unter diesen Umständen den Calciumeinstrom effektiver hemmen konnten, zu neutralisieren. Die Annahme, dass eine bakterielle Entzündungsreaktion zum vollständigen Abbau der Gykokalyx führt und somit den Calciumeinstrom, wie beobachtet, hemmt, konnte von uns nicht bestätigt werden. Nach Inkubation der Zellen mit S.pneumoniae wurden schon ohne Luftstromexposition verstärkte Calciumoszillationen gemessen, die unter Luftstrom noch anstiegen. Der Mechanismus der hinter dieser Zunahme der Calciumsignale steht, müsste jedoch noch abschließend geklärt werden. Es ist zu vermuten, dass die in der Glykokalyx gelöste Xanthin-Oxidase, die auch ROS generiert, in den von S.pneumoniae abgebauten Glykokalyxbereichen liegt und nicht mehr ROS generieren kann. Es wurde eine Zunahme der Integrität der epithelialen Barriere über die Zunahme des transepithelialen Widerstandes gezeigt. Wichtig erscheint uns die Betonung, dass in der vorliegenden Arbeit ein neues Forschungsfeld aufgetan wurde. Der Fokus lag daher nicht auf der Beschreibung von dezidierten Mechanismen, sondern vielmehr auf der Beobachtung von bisher Unbekannten, und war daher überwiegend deskriptiv. Zusätzliche Untersuchungen, die den entsprechenden Mechanismus auf den Grund gehen, wären nun angezeigt, auch mit dem Ziel, neue Therapieansätze, die sich aus dem bisherigen Beobachtungen ableiten, beim beatmungsinduzierten Lungenschaden zu überprüfen. Im WP2 untersuchten wir die Rolle der alveolarepithelialen Glykokalyx bei der Entwicklung einer beatmungsinduzierten Lungenschädigung. Wir führten Experimente mit erhaltener und abgebauter alveolarepithelialer Glykokalyx an invasiv beatmeten Ratten durch. Wir verwendeten zwei Interventionen, die den Abbau der Glykokalyx bewirken sollten (Vorbehandlung mit LPS oder Heparinase). Die vorliegende Studie zeigte, dass in unserem Versuchsmodell nach 6 Stunden invasiver Beatmung keine wesentlichen Veränderungen zu beobachten waren. Wir konnten auch keine schädliche Wirkung von LPS und Heparinase oder eine schützende Wirkung von ACC und Heparin auf die epitheliale Glykokalyx feststellen. Obwohl VILI und LPS einen Anstieg von Ers und Ppeak und einen schnellen Abfall von PaO2/FiO2 verursachten, konnten wir keine signifikanten mechanischen oder histologischen Veränderungen feststellen, wenn sie in Kombination mit Heparinase eingesetzt wurden. In der aktuellen Studie stellten wir die Hypothese auf, dass die Verabreichung von Heparin auch nach einer Vorbehandlung mit LPS und Beatmung von Vorteil sein würde. Wir beobachteten jedoch keine Verbesserung der Lungenmechanik, sondern vielmehr eine signifikante Abnahme von PaO2/FiO2 im Vergleich zur Kontrollgruppe bei lungenschädigender Beatmung und eine Zunahme der entzündlichen Infiltration bei gesunden Tieren, bei denen eine lungenprotektive Beatmungstrategie verwendet wurde. Entgegen unserer ursprünglichen Hypothese, dass die Vorbehandlung mit LPS oder Heparinase zu einem Abbau der alveolarepithelialen Glykokalyx führt, ergab die Analyse der EM-Fotos keine signifikanten Veränderungen der Glykokalyx zwischen den Versuchsgruppen. In Übereinstimmung mit diesen Daten konnten wir auch keine Veränderungen des Proteingehalts in den BAL-Proben feststellen, die auf einen Abbau der Glykokalyx hindeuten. Zusammengenommen zeigen die Daten, dass zumindest in unseren Versuchsbedingungen der Abbau der Glykokalyx durch die Verabreichung von LPS oder Heparinase nicht erfolgreich war. Wir führen derzeit Experimente durch, in denen ein anderes Verletzungsmodell (Säureinstillation) im Zusammenhang mit der Mechanotransduktion bei VILI untersucht wird.