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Propriozeptives Training für Patienten mit Kleinhirndegeneration.
Antragstellerin
Professorin Dr. Dagmar Timmann-Braun
Fachliche Zuordnung
Klinische Neurologie; Neurochirurgie und Neuroradiologie
Förderung
Förderung von 2014 bis 2019
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 256047747
Ataxien sind vorwiegend degenerative Erkrankungen des Kleinhirns, die zu zunehmenden motorischen Einschränkungen führen. Kausale und wirksame medikamentöse Therapien fehlen weitgehend. Physiotherapie steht im Vordergrund der Behandlung. Obwohl das Kleinhirn wesentlich an impliziten Lernvorgängen beteiligt ist, belegen erste Studien, dass Betroffene von regelmäßigen Übungen profitieren. Unklar ist, welche Art der Übung am besten hilft. Es gibt bisher kaum Therapieansätze, die auf der bekannten Physiologie und Pathophysiologie des Kleinhirns beruhen. So erhält das Kleinhirn massive propriozeptive Afferenzen, deren Fehlverarbeitung ein wesentlicher Faktor motorischer Störungen bei Ataxien ist. Im Zentrum der geplanten Proof-of-Principle Studie steht deshalb zu zeigen, dass Patienten von einem reinen propriozeptiven Training, d.h. einem Training ohne visuelles Feedback, profitieren. Hypothese ist, dass Training allein auf der Grundlage des propriozeptiven Feedbacks zu einer Besserung propriozeptiver Wahrnehmungsschwellen führt, und damit zu einer Besserung der Bewegungsgenauigkeit und Geschwindigkeit. Es wird postuliert, dass der Lernerfolg höher ist, als wenn die Bewegungen mit zusätzlich visueller Kontrolle geübt werden. Sollte das stimmen, würde es Sinn machen, dass in der krankengymnastischen Therapie Bewegungen auch ohne visuelles Feedback geübt werden. Ein weiteres Ziel ist zu überprüfen, ob zusätzliche explizite Information über die Bewegung das propriozeptive Training unterstützen kann. Dabei wird auf die explizite Lernfähigkeit zurückgegriffen, die bei Patienten mit Kleinhirnerkrankungen weitgehend erhalten ist. Hypothese ist, dass explizites, strategisches Lernen Defizite des impliziten Lernens bei Patienten mit degenerativen Kleinhirnerkrankungen zumindest zum Teil kompensieren kann. Magnetresonanztomographische Verfahren werden genutzt, um trainingsabhängige neuronale Veränderungen nachzuweisen. Wir postulieren, dass das propriozeptive Training zu einer Zunahme der grauen Substanz des Kleinhirns und der fraktionalen Anisotropie (FA) in den oberen Kleinhirnschenkeln führt. Auf funktioneller Ebene wird eine verstärkte Aktivierung des Kleinhirnnetzwerkes erwartet. Beim expliziten Lernen liegt der Fokus auf von der Erkrankung nicht oder wenig betroffenen Großhirnarealen, dem frontalen Kortex und den Basalganglien. Es wird eine Zunahme der grauen Substanz im dorsolateralen präfrontalen Kortex, dem rostralen supplementär motorischen Kortex, dem anterioren Gyrus cingulus und den Basalganglien und eine Zunahme der FA in den thalamofrontalen und frontopontinen Bahnen erwartet. Auf funktioneller Ebene wird eine verstärkte Aktivierung des fronto-striatalen Netzwerkes erwartet. Das Projekt wird gemeinsam von drei Gruppen durchgeführt, deren Arbeitsschwerpunkte sich ergänzen: humane Läsionsstudien des Kleinhirns (Timmann-Braun), klinische Bewegungswissenschaften (Konczak) und Bildgebung bei Bewegungserkrankungen (van Eimeren, Granert).
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
USA
Beteiligte Personen
Oliver Granert; Professor Dr. Jürgen Konczak